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Politik: Großreinemachen oder Korrektur im Kleinen?

Ministerpräsidenten sind Menschen, die gerne mehr entscheiden würden. Das hat gerade erst wieder der bayerische Ministerporäsident Edmund Stoiber (CSU) klargestellt, der sich mehr Kompetenzen in der Arbeitsmarkt-, Steuer-, Bildungs- und Rechtspolitik wünscht.

Ministerpräsidenten sind Menschen, die gerne mehr entscheiden würden. Das hat gerade erst wieder der bayerische Ministerporäsident Edmund Stoiber (CSU) klargestellt, der sich mehr Kompetenzen in der Arbeitsmarkt-, Steuer-, Bildungs- und Rechtspolitik wünscht. Aber die Ministerpräsidenten tun sich oft schwer mit den Dingen, die sie schon entscheiden können. Zumindest wenn sie im Kollektiv entscheiden müssen. So auch beim Länderfinanzausgleich. Über diesen werden sich die Länderchefs an diesem Freitag und Sonnabend in Berlin beraten.

Die Neuregelung des Finanzausgleichs steht an, weil der Solidarpakt von 1994, der den bis dahin bestehenden, aber nicht "einheitsfähigen" Ausgleich wegen der Armut der neuen Länder neu geregelt hatte, nur für zehn Jahre gilt. Das Bundesverfassungsgericht hat zusätzlichen Druck gemacht: Angerufen von den Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die sich als Zahlerländer benachteiligt fühlen, hat es im vorigen November entschieden, dass der bestehende Finanzausgleich ab 2004 komplett entfällt, wenn keine Neuregelung zu Stande kommt. Dabei hat es Ländern und Bund klare, wenn auch nicht detaillierte Vorgaben gemacht: Schon bis Ende 2002 muss ein so genanntes Maßstäbegesetz vorliegen, das im Grundsatz regeln soll, wie das Finanzgeflecht zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ab 2004 ausgestaltet sein wird.

Weil es um Geld geht, sind die Länder freilich weit von Einigkeit entfernt. Die Trennlinien sind dagegen klar: Reiche gegen Arme, Ost gegen West, Kleine gegen Große. Bayern möchte eine völlige Neugestaltung, ein Großreinemachen in den Finanzbeziehungen, den Nehmerländern Bremen und Saarland würden kleine Korrekturen schon reichen. Zu den drei unzufriedenenen Unions-Ländern hat sich mittlerweile allerdings auch das rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen gestellt. Der Düsseldorfer Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) bemängelt, dass nach dem Finanzausgleich die Unterschiede zwischen armen und reichen Ländern kaum noch erkennbar seien. Er mahnt deutliche Korrekturen an.

Der Magdeburger Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) hat angesichts der Phalanx der reichen Länder an den Bund appelliert, seine Unterstützung fortzuführen. Im Mai ist ein Gespräch darüber mit dem Bundeskanzler geplant. Der Bund trägt über so genannte Ergänzungszuweisungen den Löwenanteil an der Stützung der ostdeutschen Haushalte. Von seiner künftigen Hilfsbereitschaft hängt somit auch ab, wie weit die Geberländer mit ihren Entlastungswünschen kommen. Die brandenburgische Finanzministerin Wilma Simon (SPD) verweist darauf, dass die Wirtschaftsleistung pro Einwohner im Osten noch immer erst die Hälfte des westdeutschen Durchschnitts erreiche. Zwischen Ostsee und Erzgebirge würden nicht einmal 40 Prozent der Ausgaben durch eigene Steuereinnahmen gedeckt.

Am kommenden Mittwoch wollen sich die Ost-Ministerpräsidenten auf der Grundlage eines Gutachtens von fünf großen Wirtschaftsinstituten darüber verständigen, welchen Sonder-Finanzbedarf die neuen Länder auch nach 2004 vorausichtlich haben werden. Daraus wollen sie die Forderungen für einen neuen Solidarpakt ableiten, der mit Bund und West-Ländern außerhalb des eigentlichen Finanzausgleichs zu vereinbaren ist. Das Gutachten der fünf Institute kommt nach einem Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung" sogar zu dem Schluss, die Lücke im Entwicklungsniveau zwischen dem Osten und dem Westen sei größer als angenommen. Auf dem derzeitigen Förderniveau sei die Ost-West-Angleichung auch bis 2015 nicht zu erreichen. Eine komplizierte Gemengelage, welche die Länderchefs in den nächsten Monaten zu lösen haben.

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