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Ground Zero: Obama gedenkt Terroropfer in New York

Barack Obama hat die Jagd auf bin Laden beendet. Nun ist der US-Präsident an den Ort gereist, an dem die schreckliche Geschichte begann: Ground Zero. Seit der Tötung bin Ladens ist Obamas Ansehen in den USA gestiegen - fragt sich nur, für wie lange.

Es war ein emotionaler Moment, als Barack Obama an Ground Zero schweigend einen Kranz für die Opfer des Terrorangriffs niederlegte. Mit geschlossenen Augen und gesenktem Kopf ehrte er die 2982 Toten jenes Tages. Anschließend umarmte er Angehörige. Es war sein erster Besuch an Ground Zero in den gut zwei Jahren, seit er Präsident ist. Eine Rede war nicht vorgesehen. Die hält er in vier Monaten, am zehnten Jahrestag von 9/11. Wo früher das World Trade Center stand, wächst ein neues Büro- und Geschäftszentrum aus dem Boden. Es enthält auch eine Gedenkstätte für die Opfer. Vor der Kranzniederlegung hatte Obama die Feuerwache und die Polizeistation besucht, die 2001 bei der ersten Nothilfe Kollegen verloren hatten.

Fünf Tage nach der US-Militäroperation gegen Osama bin Laden in Pakistan zeigen sich die gemischten politischen Folgen für Präsident Obama. Innenpolitisch ist er gestärkt. Außenpolitisch führt der Einsatz zu neuen Spannungen, insbesondere mit Pakistan - mehrere US-Politiker fordern die Kürzung der Finanz- und Militärhilfe. Die Operation beeinflusst generell die Beziehungen zur islamischen Welt. Obama hatte die Entscheidung am Mittwoch, keine Fotos von bin Ladens Leiche zu veröffentlichen, mit Rücksicht auf die Gefühle der Muslime begründet. Das Gesicht des Al-Qaida-Chefs sei durch die Kugeln, die ihn in den Kopf trafen, entstellt.

Obamas Ansehen ist stark gestiegen. Mit Auftritten in verschiedenen Regionen der USA bemüht er sich, diesen Trend zu festigen. Von New York reist er nach Kentucky und Indiana weiter. In einer Umfrage der "New York Times" wuchs die Zustimmung zu ihm von 46 auf 57 Prozent, die "Washington Post" maß einen Sprung von 47 auf 56 Prozent. Im Schnitt der Umfragen haben jetzt 51 Prozent ein positives und 43 Prozent ein negatives Bild von ihm. Vor dem Zugriff war die Ablehnung (49 Prozent) höher als die Zustimmung (45 Prozent). Besonders stark ist der Meinungsumschwung bei nicht parteigebundenen Bürgern; sie spielen bei Wahlen eine entscheidende Rolle. Sie betrachteten Obama in den jüngsten Monaten skeptisch und lasteten ihm die hohe Verschuldung an. Nun haben sie überwiegend ein positives Bild.

Kommentatoren urteilen, dies werde ihm nur kurzfristig helfen. In den kommenden Tagen geht der parteipolitische Kampf im Kongress, wie man das hohe Budgetdefizit und den Schuldenberg abbauen kann, in die entscheidende Phase. Die Republikaner wollen drastischer als die Demokraten bei Ausgaben streichen, voran bei Sozialprogrammen. Obama und seine Partei möchten die Steuern für die reichsten Amerikaner erhöhen; das lehnen jedoch die Konservativen ab.

Vizepräsident Joe Biden nahm am Donnerstag Vermittlungsgespräche mit Vertretern beider Lager auf. Mitte Mai erreichen die USA die gesetzliche Schuldenobergrenze von 14,3 Billionen Dollar. Dann dürfen sie keine neuen Kredite mehr aufnehmen - es sei denn, der Kongress einigt sich auf eine Anhebung der Obergrenze. Sonst kann die Regierung die laufenden Ausgaben nicht mehr finanzieren, darunter Zinsen und Tilgung der Kredite. Finanzminister Timothy Geithner warnt, das würde eine neue Krise an den Finanzmärkten auslösen. Er könne diesen Moment durch Buchungsmechanismen und eine interne Anleihe aus dem Pensionsfonds der Bundesbediensteten nur um wenige Wochen hinauszögern.

Die Republikaner ziehen sowohl innen- als auch außenpolitisch ihre eigenen Schlüsse aus bin Ladens Tod. Parlamentspräsident John Boehner, der ehemalige Vizepräsident Dick Cheney und Karl Rove, der Strategieberater von Ex-Präsident George W. Bush, haben Präsident Obama zum Erfolg gratuliert. Lediglich die Tea-Party-Ikone Sarah Palin vermied es, Obama namentlich in ihr Lob für die Militäroperation einzubeziehen.

Die Konservativen betonen, die Ergreifung bin Ladens sei auch ein Erfolg Bushs. Die Informationen, aus denen sich die heiße Spur zu bin Ladens Versteck ergab, seien den von Bush genehmigten Verhörmethoden zu verdanken. Führende Republikaner kritisieren die Entscheidung, keine Fotos von bin Ladens Leiche zu publizieren. Senator Lindsey Graham sagte, der einzige Grund, US-Soldaten in Todesgefahr zu bringen und keine unbemannte Drohne zu schicken, sei gewesen, "unwiderlegbare Beweise für bin Ladens Tod zu bekommen". Nun solle man sie auch veröffentlichen.

Mehrere Abgeordnete fordern, die USA sollten die Militär- und Finanzhilfe für Pakistan kürzen. Es sei undenkbar, dass bin Laden seit Jahren ohne Kenntnis hoher Pakistani in Abbottabad leben konnte. Die Regierung Obama tendiert dagegen dazu, die Zweifel an Pakistans Verlässlichkeit dazu zu nutzen, Druck auszuüben. Pakistan müsse seine Loyalität jetzt durch verstärkte Kooperation beweisen.

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