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Politik: Grüne fordern neue Strategie in Afghanistan Deutschland soll mehr für zivile Hilfe zahlen

Bremen - Auf einem kleinen Parteitag der Grünen hat Parteichefin Claudia Roth ihre Kritik an Teilen der Friedensbewegung verteidigt. Außerdem setzte sie sich mit einem Antrag durch, der einen Verbleib der Bundeswehr in Afghanistan befürwortet.

Bremen - Auf einem kleinen Parteitag der Grünen hat Parteichefin Claudia Roth ihre Kritik an Teilen der Friedensbewegung verteidigt. Außerdem setzte sie sich mit einem Antrag durch, der einen Verbleib der Bundeswehr in Afghanistan befürwortet. Die knapp 80 Delegierten des so genannten Länderrates, des höchsten Gremiums zwischen den Parteitagen, verabschiedeten am Samstag in Bremen bei fünf Gegenstimmen und vier Enthaltungen eine Vorstandsvorlage zu Afghanistan. Darin wird ein „Strategiewechsel“ des Westens hin zu einer „politisch-zivilen Offensive“ gefordert. Vorrang müssten der Ausbau von Infrastruktur, Polizei und Justiz haben. Deutschland müsse seine Gelder „massiv aufstocken“. Aber neben einer zivilen sei „auch eine militärische Komponente“ nötig.

Militärkritiker begnügten sich mit kurzen Änderungsanträgen, die vom Vorstand teilweise aufgenommen wurden. So wurde am Ende auch beschlossen, dass das Bundeswehrmandat nicht auf den Süden Afghanistans ausgedehnt werden dürfe. Die Kritiker verzichteten aber auf einen Gegenantrag für einen Bundeswehr-Abzug.

Der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel meinte dazu auf Nachfrage des Tagesspiegels, er habe im Länderrat keine Chance für einen Kurswechsel gesehen. Dort sitzen vor allem Vertreter der Landesverbände, der Bundes- und Landtagsfraktionen und des Bundesvorstands. Das Thema sei damit aber nicht vom Tisch. In der teils erregten Debatte forderte Sagel Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Afghanistan und eine Diskussion der Grünen über einen Ausstieg der Bundeswehr.

80 Prozent der Grünen-Wähler seien gegen einen Einsatz von „Tornado“-Flugzeugen. Vertreter der Partei- und Fraktionsspitze meinten dagegen, der zivile Wiederaufbau müsse auch militärisch abgesichert werden. Das sei die „komplizierte Wirklichkeit, der wir uns zu stellen haben“, sagte Fraktionsvizechef Jürgen Trittin. Roths Mit-Vorsitzender Reinhard Bütikofer meinte: „Es geht nicht, nur die zivile Hälfte der Verantwortung tragen zu wollen.“ Der sicherheitspolitische Sprecher, Winfried Nachtwei, warnte, ein Abzug Deutschlands würde „die harten Gewaltfraktionen ermutigen“. Während seiner Rede entfaltete die Grünen-Jugend am Podium ein Transparent „Nein zum Tornado!“. Gegenüber dem Tagesspiegel rügte der Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann das „unkritische Bekenntnis“ des Vorstands zur „militärischen Komponente“.

Gar nicht debattiert wurden Roths Äußerungen zur Friedensbewegung. Sie hatte kürzlich die „Schwarz-Weiß-Sicht“ etlicher Ostermarsch-Aufrufe gerügt. Beim Länderrat sagte sie nun: „Ich bin davon überzeugt, dass wir eine starke Friedensbewegung brauchen. Aber wir biedern uns nicht an und wir nicken nicht alles ab“. Sie scheue keine Kontroverse mit Leuten, die nicht gegen den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan oder das Kriegsrecht in Polen demonstrieren wollten und sich heute „als Gralshüter der Friedensbewegung hinstellen“.

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