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Politik: Grüne geben SPD Schuld an Stimmungstief

Kritik an Generalsekretär Scholz und den Ministerpräsidenten / Stoiber spricht bereits über Neuwahlen

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Berlin. Zwischen SPD und Grünen haben sich am Samstag weitere Differenzen über den richtigen Kurs gezeigt. Die grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warnte die SPD vor erlahmendem Reformwillen und ging namentlich den SPD-Generalsekretär scharf an. „Jeder weiß: Reformen sind nötig“, sagte sie auf dem Landesparteitag der Thüringer Grünen in Arnstadt, wo sie am Sonnabend zur Landesvorsitzenden gewählt wurde. „Nur einer weiß es nicht: Olaf Scholz.“ Auch Umweltminister Jürgen Trittin kritisierte die SPD. Einige Ministerpräsidenten meinten, sich mit Äußerungen gegen die rot-grüne Bundesregierung positionieren zu müssen. Das sei ein Grund für die schlechten Umfragewerte, sagte Trittin der „Welt“.

Auch sachpolitisch gibt es Zwist zwischen SPD und Grünen. Vorstöße von Innenminister Otto Schily (SPD) zu einer EU-Flüchtlingsrichtlinie und die geplante EU-Richtlinie zum Emissionshandel führten nach einem Bericht der „Frankfurter Rundschau" zu Verärgerung bei den Grünen. Parteichefin Claudia Roth hatte kritisiert, dass Schily eine Koalitionsvereinbarung habe unterlaufen wollen. Nach Einschaltung des Kanzleramtes habe Schily seine Vorbehalte „zurückgenommen". „Es ist ein gutes Signal, dass diese Flüchtlingsgeschichte jetzt aus der Welt ist", sagte Roth dem Tagesspiegel am Sonntag. Aus der Grünen-Fraktion hieß es, die Stimmung sei gegenwärtig nicht gut. Deshalb sei man bemüht, bis zur Weihnachtspause das politische Geschäft ruhiger zu betreiben. Man dürfe daher „nicht jede Sachdebatte zu einem Koalitionsstreit aufblasen". Kritik an der Regierung übte die Saar-SPD. Auf dem Landesparteitag meinte der Chef der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Ottmar Schreiner, dass in zentralen Politikfeldern die klare Linie nicht erkennbar sei.

CSU-Chef Edmund Stoiber geht derweil von einem frühzeitigen Scheitern von Rot-Grün aus und hat für diesen Fall Neuwahlen gefordert. Dagegen rechnet CDU- Chefin Angela Merkel mit einem Weiterbestehen von Rot-Grün bis 2006. Bis dahin wolle ihre Partei möglichst viel Druck machen. In der Union gilt es als ausgemacht, dass eine Große Koalition im Bund auch dann nicht in Frage kommt, sollten die Landtagswahlen am 2. Februar die Unions-Mehrheit im Bundesrat bestätigen. Rot-Grün wäre dann mindestens bis Ende 2004 bei wichtigen Reformen auf die Zustimmung der Union im Bundesrat angewiesen. „Warum sollten wir den Juniorpartner für Schröder spielen“, wird in der CDU gefragt. Stoiber kündigte an, die Union werde die Wahlen in Hessen und Niedersachsen zur „Volksabstimmung“ über Rot-Grün machen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte, seine Partei müsse keine Kompromisse mit der Regierung machen. Es gehe nicht darum, Rot-Grün jetzt abzulösen, sondern für eine Veränderung der Politik zu sorgen.

Angesichts der Spannungen in der Koalition haben CDU-Politiker eine neue Debatte über Schwarz-Grün begonnen. Die Parteivize Christoph Böhr und Jürgen Rüttgers sagten, eine Annäherung sei durchaus möglich. Böhr sagte der „Bild am Sonntag", in der Finanzpolitik, bei der Gentechnik oder bei der Reform der sozialen Sicherungssysteme sei die Übereinstimmung von Schwarz und Grün inzwischen groß. Roth wies die Avancen zurück. „Das ist eine Gespensterdebatte, auf die man nicht hereinfallen sollte." Als Beispiele für unvereinbare Positionen nannte Roth die ökologische Modernisierung sowie die Gesellschafts- und Einwanderungspolitik.

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