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Politik: Grüne: Mehr Macht für Renate Schmidt

Leistungen für Familien sollen aus einer „Kinderkasse“ kommen / Ministerin appelliert an Unternehmen

Von
  • Hans Monath
  • Antje Sirleschtov

Berlin. Die Grünen wollen die Zuständigkeit und Einflussmöglichkeiten des Familienministeriums erheblich erweitern und künftig alle staatlichen Leistungen für Familien in einer so genannten Kinderkasse bündeln. „Das Familienministerium hat viel zu wenig Kompetenzen“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Ekin Deligöz, dem Tagesspiegel: „Wir müssen es dringend aufwerten.“ Das Ressort müsse wegen seiner Bedeutung für die Zukunft zudem künftig von weiteren Sparrunden ausgenommen werden, forderte die familienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Nach dem Willen der Fraktionsführung sollen die Grünen-Abgeordneten die Pläne zur Aufwertung des Ministeriums und zur Einführung der Kinderkasse auf ihrer Klausurtagung in Bayern Ende dieser Woche beschließen. Es sei sinnvoll, die bislang auf Bund, Länder und Gemeinden verteilten Leistungen für Familien in einer Zuständigkeit zusammenzuführen, um wirksame Familienförderung zu erreichen und verfassungsrechtliche Einschränkungen zu umgehen, sagte Deligöz: „Die Unübersichtlichkeit und die Verschiebung von Verantwortung hätten endlich ein Ende.“

Als Beispiel nannte die Grünen-Politikerin die Schwierigkeiten des Bundes, die Gemeinden trotz zugesagter finanzieller Unterstützung zur Schaffung neuer Betreuungsplätze für Kleinkinder zu verpflichten. Deligöz räumte ein, dass die geplante Neuregelung die Möglichkeiten der Koalition übersteige: „Wir wollen diese Neuordnung deshalb zu einem wichtigen Ziel der Föderalismus-Reform machen“, sagte sie.

Nach Vorstellung der Grünen soll die Kinderkasse mit ihrem Budget sowohl für Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibeträge und Erziehungsgeld als auch für Strukturentscheidungen etwa bei der Kinderbetreuung zuständig sein. Gespeist werden soll die Kasse aus allgemeinen Steuern sowie aus Erbschaft- und Vermögensteuern, die dann zweckgebunden erhoben werden sollen. Gespräche mit der SPD-Fraktion über das Thema seien bislang nicht geführt worden, sagte Deligöz.

Familienministerin Renate Schmidt (SPD) rief derweil am Dienstag die deutschen Unternehmen auf, sich auch finanziell stärker für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einzusetzen. Schmidt sagte voraus, in einigen Jahren werde es in Deutschland einen Mangel an qualifizierten Fachkräften geben. Dann würden die Unternehmen bereuen, wenn sie gerade jungen Frauen nicht die Chance geben könnten, die Kinder gut betreut zu wissen, während sie arbeiten.

Im Rahmen ihrer Kampagne „Allianz Familie“, bei der bundesweit regionale Netzwerke zur Schaffung von Betreuungsmöglichkeiten von Berufstätigen entstehen sollen, wies Schmidt auf Ergebnisse einer aktuellen Studie der Prognos AG hin, die betriebswirtschaftliche Effekte familienfreundlicher Maßnahmen untersucht.

Bei der Befragung einiger mittelständischer Unternehmen, vor allem aus Baden-Württemberg, fand das Institut heraus, dass der Nutzen die Investitionen, die beispielsweise für Betriebskindertagesstätten oder Teilzeitarbeitsplätze anfallen, weit übersteige. Für ein Modell-Unternehmen mit 1500 Beschäftigten hat Prognos etwa errechnet, dass einem Aufwand von 300 000 Euro für familienfreundliche Maßnahmen letztlich eine Kosteneinsparung von 375 000 Euro gegenüberstehe. Die Investitionsrendite berechneten die Wissenschaftler mit 25 Prozent. Die Einsparungen ergeben sich vor allem, weil Unternehmen immer dann, wenn Mitarbeiterinnen Kinder bekommen und ihre Stelle kündigen, kostspielig neue Mitarbeiter suchen und anlernen müssten.

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