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Politik: Grüne: Regierung versagt im Kampf gegen Armut

Göring-Eckardt kritisiert, dass Langzeitarbeitslose trotz guter Konjunktur weiter ohne Chance seien

Von Hans Monath

Berlin - Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) hat der Bundesregierung Versagen bei der Armutsbekämpfung vorgeworfen. „Das strukturelle Problem der Arbeitslosigkeit hat die große Koalition noch gar nicht angepackt“, sagte die Grünen-Politikerin dem Tagesspiegel. Zwar sei die Zahl der Arbeitslosen insgesamt gesunken. „Die Zahl der Langzeitarbeitslosen aber geht kaum zurück, und nur gut ausgebildete Langzeitarbeitslose haben überhaupt eine Chance auf Wiederbeschäftigung.“

Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) habe vor der Aufgabe der Armutsbekämpfung inzwischen offenbar kapituliert, kritisierte die Vizepräsidentin: „Anfang des Jahres hat der Arbeitsminister das Problem wenigstens noch benannt, inzwischen scheint er in eine politische Depression gefallen zu sein“, meinte Göring-Eckardt. Es sei bezeichnend, dass sich auch kein anderes Kabinettsmitglied der großen Koalition aus Union und SPD um die Behebung dieses politischen Skandals bemühe. „Die SPD hat den Kampf gegen strukturelle Armut faktisch aufgegeben", beklagte die Politikerin. Auch die Ansätze der Familienpolitik von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) wirkten „vor allem in die Mittelschichten“ und vernachlässigten die Not armer Familien, die Unterstützung weit nötiger hätten.

Die Vizepräsidentin forderte neue Strategien gegen den Ausschluss Hunderttausender aus der Gesellschaft: „Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass wir in einer Zweiklassengesellschaft angekommen sind“, forderte sie. Trotz Konjunkturerholung werde auch die Mittelschicht noch immer von der Angst umgetrieben, abgehängt zu werden. „Wir müssen deshalb die Debatte über den Umbau des Sozialstaats hin zu einem Grundsicherungsmodell vorantreiben“, verlangte Göring-Eckardt. „Der Staat kann es sich nicht leisten, seine Bürger abstürzen zu lassen, jeder gehört dazu.“

Die in mehreren Parteien diskutierte und auch von Einzelpersönlichkeiten vertretene Idee eines bedingungslosen staatlichen Grundeinkommens muss nach Meinung von Göring-Eckardt weiter entwickelt werden. Allein eine materielle Absicherung helfe Menschen der so genannten „neuen Unterschicht“ nicht, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und wieder am kulturellen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben: „Der Staat muss sich weiter und viel besser als bisher um die Integration von Menschen bemühen“, forderte sie: „Die doppelte Botschaft muss deshalb lauten: Teilhabe garantieren und Existenz sichern.“ Göring-Eckardt leitet die „Arbeitsgruppe Grundsicherung“ der Grünen-Fraktion. Die Grünen wollen auf ihrem Parteitag im Herbst über ein Grundsicherungsmodell entscheiden.

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