zum Hauptinhalt
Streitbare "Schwarzgrüne": Antje Hermenau.

© dpa

Grüne vor Landtagswahl in Sachsen: Antje Hermenau will endlich mitregieren

Die Grünen in Sachsen wollen es wissen: Sie sind offen für eine schwarz-grüne Koalition nach der Wahl am Sonntag. Allen voran ihre forsche Spitzenkandidatin Antje Hermenau.

Die Grünen bereiten sich darauf vor, in Sachsen in die nächste Landeskoalition mit der CDU zu gehen. In Wiesbaden regieren sie schon zusammen, nun könnte es auch in Dresden klappen. Wenn es nach den Grünen geht, die dafür offen sind. Ob die CDU mitmacht, ob es das Wahlergebnis zulässt, ob die inhaltlichen Bedingungen am Ende gegeben sind – Klarheit gibt es erst von Sonntagabend an, wenn die Sachsen gewählt haben. Kommt es zu Schwarz-Grün, dann sitzt voraussichtlich Antje Hermenau am Kabinettstisch mit Stanislaw Tillich. Sie ist Fraktionschefin der Grünen im Landtag und Spitzenkandidatin der Partei (in einer Doppelspitze mit dem Landesvorstandssprecher Volkmar Zschocke). Und sie vor allem hat den sächsischen Landesverband auf den Kurs Richtung Union gebracht - wobei natürlich Rot-Rot-Grün nicht ausgeschlossen ist, doch diese Option wird nach dem Wahltag mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ziehen.

 Zweiter Anlauf

Es ist der zweite Anlauf der Grünen in Sachsen. Der erste, es war 1994, ist ziemlich verstolpert worden. Damals war die Partei nicht darauf vorbereitet, und damit auch nicht die Anhängerschaft. Die Koalition mit Kurt Biedenkopfs Sachsen-Union war damals vor allem der Wunsch von Werner Schulz, Sprecher der Bündnis90-Gruppe im Bundestag, und einigen Mitgliedern der Landtagsfraktion. Es ging schief, die Grünen flogen, auch wegen der halbgaren „Schwarzgrünerei“, aus dem Landtag. Hermenau gehörte vor 20 Jahren noch nicht zu den ausdrücklichen Befürwortern eines Bündnisses mit der CDU.

Endlich mitregieren

Heute ist sie die Hauptbefürworterin. „Die Antje will unbedingt regieren“, sagt ein Landtagskollege aus einer anderen Fraktion über die energische Grüne. Nach 24 Jahren Parlamentsarbeit möchte die 50-jährige gebürtige Leipzigerin nun endlich in der Exekutive mitmischen. Da, wo man wirklich die Dinge bewegt. Seit 2004 führt sie die Fraktion, als Spitzenkandidatin hatte sie ihre Partei damals nach zehn Jahren im parlamentarischen Abseits wieder in den Landtag zurückgeführt. Davor saß sie zehn Jahre im Bundestag, eine auch in den anderen Fraktionen geachtete Finanzpolitikerin. „Jeanne d’Arc der Haushaltspolitik“ nannte sie Joschka Fischer mal, in dem Lob steckte natürlich ein bisschen Gift, denn Hermenau scheut sich nicht, anzuecken – ob Freund, ob Feind. Das Ergebnis der sächsischen Grünen bei der Bundestagswahl im vorigen September – 4,9 Prozent – nennt sie das „Trittin-Loch“, sie hat den allein auf Rot-Grün ausgerichteten Wahlkampf für falsch gehalten. Aus diesem Loch kämen die Grünen nun heraus, stellt sie zufrieden fest. Bei der Europawahl waren es wieder sechs Prozent in Sachsen, am Sonntag soll eine Acht stehen.

 Wohin neigt Tillich?

„Wir sind jetzt einfach mal dran“, sagt sie, was das Regieren angeht. Ministerpräsident Tillich hätte wohl nichts Grundsätzliches dagegen, er ist offen für Schwarz-Grün, auch wenn in der CDU insgesamt die Neigung eher Richtung SPD geht, sollte die FDP aus dem Landtag gekegelt werden. Letztlich hängt alles daran, ob man einen Kompromiss in der Energiepolitik – Stichwort: Braunkohleabbau und Windkraft – findet. Eine Koalition mit der CDU fände Hermenau wohl auch deshalb reizvoll, weil ihr daran liegt, das Anliegen der „Ökologisierung“ von Wirtschaft und Gesellschaft auch ins bürgerliche Lager rechts der Mitte zu tragen.

 Bundespolitischer Aspekt

Natürlich zielt Hermenau mit einer Regierungsbeteiligung darauf, die Grünen landespolitisch zu stärken, sie wahrnehmbarer zu machen. In der Dreieropposition links der Mitte war das bisher neben Linken und SPD nicht einfach, Sachsen ist keine grüne Hochburg. Schwarz-Grün wäre aus Hermenaus Sicht aber auch bundespolitisch angeraten. Im Bundesrat wäre die grüne Schiene gestärkt, es wären dann acht Regierungen mit Grünen-Beteiligung. Ihre Vorstellung ist es, im Bundesrat, der die immer bunter werdende Koalitionsvielfalt in den Ländern abbildet, zu einer „Runde-Tisch-Situation“ zu kommen, um besser an Sachfragen arbeiten zu können. Käme es zu einer Regierung Tillich/Hermenau, könnten die Grünen die Orientierung zur CDU hin künftig bundesweit offensiver vertreten. Schwarz-Grün stünde dann immerhin schon auf zwei Beinen. Zu ihren Freunden gehört der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der gibt keine Empfehlung, sieht es aber auch so, dass mit Schwarz-Grün in Dresden „unsere Optionen auf Bundesebene“ erweitert würden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false