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Politik: Gut im Rechnen

Als Ministerpräsident müsste Christian Wulff mit einem maroden Haushalt zurechtkommen. Trotzdem will er 2500 Lehrer einstellen

Christian Wulff liebt die lauten Paukenschläge nicht. Daran hat sich auch nichts geändert, seit die Umfragen ihn stabil als den nächsten Ministerpräsidenten in Niedersachsen sehen. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa sagte Wulffs CDU am Mittwoch 48 Prozent voraus. Trotzdem vermittelt der Spitzenkandidat seine Botschaften leise. Über sich selbst hat der Herausforderer von Sigmar Gabriel einmal gesagt, vielleicht ,,etwas langweiliger“ zu sein als sein SPD-Kontrahent – aber dafür berechenbarer.

Niedersachsen wird sich bei einer CDU/FDP-Regierung auf mehrere Reformen einstellen müssen – und vorrangig geht es dabei um die Schulpolitik. Schon wenn das Schuljahr 2003 im Sommer beginnt, sollen erste Schritte einer von einem Kabinett Wulff beschlossenen Reform wirksam werden, kündigte der CDU-Spitzenmann an. Gleich nach der Wahl des Ministerpräsidenten Anfang März sollen die ersten Gesetzentwürfe das Parlament passieren.

Bisher gilt in Niedersachsen die ,,Orientierungsstufe' für die Jahrgänge fünf und sechs. Erst danach wechseln die Kinder auf Gymnasium, Real- oder Hauptschule. Die SPD hat dieses seit einem Vierteljahrhundert gültige Modell unter Gabriels Federführung abgeschafft und eine ,,Förderstufe' beschlossen, die an weiterführende Schulen angegliedert wird. Dieses im Landtag verabschiedete, aber noch nicht in Kraft getretene Konzept will Wulff kippen. Die Devise von CDU und FDP lautet: Schon nach der Grundschule, also von Klasse fünf an, sollen die Kinder auf die weiterführenden Schulen gehen. Zu Wulffs Bildungsreform zählt auch das Versprechen, noch in diesem Jahr 2500 neue Lehrer einzustellen.

Während die Schulreform im Wahlkampf eine große Rolle spielt, wird die Finanznot Niedersachsens bisher nur am Rande erwähnt. Dabei liegen hier die größten Probleme. Die bisherige SPD-Regierung hat bereits einen Nachtragsetat vorbereitet, der im Frühjahr vom neuen Kabinett beschlossen werden soll. Darin sind Kürzungen von Subventionen vorgesehen. Ganz schlimm wird die Haushaltslage allerdings erst im kommenden Jahr. In der bisherigen Finanzplanung des Landes klafft 2004 zwischen Ausgaben und Einnahmen eine Lücke von 1,5 Milliarden Euro – bei einem Haushaltsvolumen von 22 Milliarden Euro.

Das neue Kabinett wird Ausgaben kürzen müssen oder zumindest einen Weg aufzeigen, wie das Land von seinen hohen Belastungen herunterkommt. Im Wahlkampf hat Wulff dafür eine Verwaltungsreform und den Abbau von 6000 Stellen angekündigt.

Immer wieder betont Wulff, eine von ihm geführte Regierung wolle ,,keine Blockade' im Bundesrat, sondern eher eine offene, auf Konsens zielende Politik. Das entspricht ohnehin seinem Naturell, nicht zu forsch aufzutreten. Wulff muss sich in der Bundespartei kein Image mehr schaffen, er ist dort bereits stellvertretender Vorsitzender und pflegt hervorragende Kontakte zu Angela Merkel, Edmund Stoiber und auch Roland Koch. Käme er jetzt in das Amt des Ministerpräsidenten, wäre er sofort einer der ganz wichtigen CDU-Politiker. Dazu passt, dass sein CDU-Landesverband zu den stärksten in Deutschland zählt und sogar mehr Mitglieder hat als etwa Baden-Württemberg.

Auch ein Kabinett Wulff könnte überregional von sich reden machen. Die interessanteste Figur ist dabei Ursula von der Leyen, die Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht. Die Ärztin und Mutter von sieben Kindern ist für das Amt der Sozialministerin vorgesehen. Und sie will Zeichen setzen. Ihre erste Idee sind ,,Mehrgenerationenhäuser', in denen sich Senioren, Kinder und Eltern zusammenfinden können. Von der Leyen gilt als ehrgeizig und sympathisch. Und von Wulff, heißt es, hat sie für ihre Vorhaben die volle Rückendeckung. Das soll etwas heißen angesichts der gewaltigen Finanzprobleme Niedersachsens.

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