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Die Zahlungen von Sozialleistungen für EU-Ausländer sind umstritten.

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Gutachten des EuGH-Generalanwalts: Pauschaler Hartz-IV-Ausschluss von EU-Ausländern auf der Kippe

Deutschland verweigert auch arbeitssuchenden Bürgern aus dem EU-Ausland in den ersten drei Monaten Sozialleistungen. Diese Regelung könnte nun vom Europäischen Gerichtshofes (EuGH) kassiert werden.

Die deutschen Regelungen zum Hartz-IV-Ausschluss von EU-Ausländern stehen auf der Kippe: Ziehen EU-Ausländer zu ihren Familienangehörigen nach Deutschland nach, dürfen sie nach Auffassung des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg zwar die ersten drei Monate von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen werden. Der Ausschluss sei aber dann nicht gerechtfertigt, wenn EU-Ausländer eine Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt nachweisen könnten, erklärte der richterliche Gutachter Melchior Wathelet in seinen am Donnerstag bekanntgegebenen Schlussanträgen (AZ: 299/14).

Nach der deutschen Regelung können Ausländer und ihre Familienangehörigen in den ersten drei Monaten ihres Aufenthaltes keine Hartz-IV-Leistungen beanspruchen. Der EuGH folgt in etwa drei Vierteln aller Fälle der Auffassung des Generalanwalts. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

Im konkreten Fall war Ende Juni 2012 ein spanischer Vater zusammen mit seinem Sohn zu seiner Frau und Tochter nach Recklinghausen gezogen. Für die Monate August und September 2012 verweigerte das dortige Jobcenter mit Verweis auf das Gesetz die beantragten Hartz-IV-Leistungen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen fragte beim EuGH nun an, ob diese Vorschriften mit EU-Recht vereinbar sind. Nach Ansicht des Generalanwalts ist der Ausschluss solcher Sozialhilfeleistungen in den ersten drei Monaten des Aufenthaltes grundsätzlich mit EU-Recht vereinbar. Werde mittellosen EU-Ausländern das Recht eingeräumt, sofort Sozialhilfeleistungen zu beanspruchen, könne dadurch eine Massenzuwanderung ausgelöst werden. Es könne dann zu einer "unangemessenen Inanspruchnahme" der sozialen Sicherungssysteme kommen.

Anderes gelte aber, wenn der EU-Ausländer eine Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt nachweist. Dann könne der pauschale Ausschluss von Sozialleistungen gegen EU-Recht, speziell gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit, verstoßen. So seien eine Integration in Deutschland und eine "effektive und tatsächliche Beschäftigungssuche während eines angemessenen Zeitraums" Umstände, die das Bestehen einer Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt belegen könnten.

Die Debatte über Sozialleistungen für EU-Bürger schlägt vor allem in Großbritannien hohe Wellen. Premierminister David Cameron will Änderungen am Sozialsystem zu einem seiner Kernthemen bei den anstehenden Neuverhandlungen über die britische Mitgliedschaft in der EU machen. epd/rtr

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