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Gutachten: Umweltweise: Atomkraft verzögert Energiewende

Deutschlands Stromversorgung kann bis 2050 vollständig mit erneuerbaren Energien gesichert werden. Das ist das Ergebnis einer Studie, in der das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Auftrag des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) acht entsprechende Szenarien berechnet hat.

Berlin - Professor Martin Faulstich, Vorsitzender des SRU, sagte in Berlin, das sei: „Sicher, bezahlbar und klimaverträglich.“ Atomenergie brauche es dazu nicht.

Faulstich, der gemeinsam mit Professor Olav Hohmeyer das Gutachten am Mittwoch im Umweltausschuss des Bundestags vorstellt hatte, bedauerte, dass die Variante, einer zu 100 Prozent erneuerbaren Stromversorgung in den von der Bundesregierung für ihr Energiekonzept beauftragten Szenarien gar nicht vorkomme. Deshalb wollten die Regierungsberater vom SRU diese Lücke füllen. Schließlich betont Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) stets, dass die Stromversorgung in Deutschland bis 2050 zu nahezu 100 Prozent frei von Kohlendioxidemissionen sein müsse. Nur dann sei das im Koalitionsvertrag von Union und FDP formulierte Ziel, die globale Erwärmung unter zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu halten, erreichbar. Das bedeutet nämlich praktisch, dass die Industriestaaten bis 2050 ihren CO2-Ausstoß um mindestens 80 Prozent im Vergleich zu 1990 senken müssten.

Die Ergebnisse der Szenarioberechnungen des SRU könnten den Umweltminister zuversichtlich stimmen. Denn sie zeigen zum einen, dass „die Versorgungssicherheit nicht das Problem ist“, wie Hohmeyer betonte. Und auch der Preis ist moderat. Im günstigsten Szenario kostet Produktion einer Kilowattstunde Strom 2050 rund sieben Cent, im schlechtesten knapp neun Cent. Gleichzeitig stiegen die Produktionskosten für Strom aus konventionellen Kraftwerken, sagte Faulstich. Denn Kohlekraftwerke müssten mit einer Technologie nachgerüstet werden, bei der CO2 aufgefangen und über Pipelines in unterirdische Lagerstätten transportiert wird (Carbon Capture and Storage, CCS). Die Atomkraftwerke würden 2050 selbst nach dem Lieblingsszenario der Unionsfraktion, das eine Laufzeitverlängerung von 28 Jahren vorsieht, nicht mehr laufen.

Möglich sei die Umstellung auf eine erneuerbare Stromversorgung allerdings nur, wenn massiv in die Netze investiert werde, sagte Hohmeyer. Zum einen wird schon heute viel mehr Strom in Norddeutschland produziert, als dort verbraucht werden kann. Schon jetzt muss die Energie in die Verbrauchszentren in Süddeutschland transportiert werden. Außerdem sind die derzeitigen Netze mit den Schwankungen in der Stromerzeugung durch Wind oder Sonne überfordert. Je größer der Stromverbund würde, desto weniger würde dieser Aspekt ins Gewicht fallen, sagt Hohmeyer. Die andere Variante, das Problem zu lösen, sei die Nutzung von Pumpwasserkraftwerken in Norwegen als Stromspeicher.

Die Umweltweisen raten der Bundesregierung dringend, jetzt die Weichen für eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien zu stellen. Eine Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke zögere den notwendigen Umbau nur heraus und verteuere den Umstieg letztlich.

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