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Politik: Hackersoftware vor Gericht

Kreditkartenwirtschaft erwirkt Verfügung gegen "Cards" AP.In einer Ulmer Spedition lagern drei Paletten mit 12 000 Stück eines beschlagnahmten Computerprogramms, das aus braven Bankkunden schlimme Hacker und Betrüger machen kann.

Kreditkartenwirtschaft erwirkt Verfügung gegen "Cards" AP.In einer Ulmer Spedition lagern drei Paletten mit 12 000 Stück eines beschlagnahmten Computerprogramms, das aus braven Bankkunden schlimme Hacker und Betrüger machen kann.So lautet zumindest der Vorwurf der Kreditbranche in einem Rechtsstreit mit der Ulmer Softwarefirma SAD.Stein des Anstoßes ist das November mit großem Werbeaufwand vorgestellte Programm Cards, das über die Technik von Magnetkarten informiert und Software für das Lesen und Beschreiben von Magnetkarten enthält. Trotz des hohen Werbeaufwands sei von der CD-ROM bisher "nur ein verschwindend geringer Teil" verkauft worden, erklärt SAD-Mehrheitsgesellschafter Erwin Simon am Rande einer Anhörung des Landgerichts Frankfurt am Main.Zwar seien 8000 Stück an den Einzelhandel ausgeliefert worden.Mehrere Kreditkartenfirmen hätten aber die belieferten Warenhauskonzerne unter Druck gesetzt, das Programm wieder aus dem Regal zu nehmen. Bei der gerichtlichen Anhörung ging es um die Bestätigung einer einstweiligen Verfügung, die die Frankfurter Gesellschaft EuroKartensysteme Eurocard und eurocheque GmbH Mitte Dezember gegen den Verkauf von Cards erwirkt hat.Einen Tag später rückte die Staatsanwaltschaft bei SAD in Ulm an und beschlagnahmte die noch vorrätigen CD-ROM-Pakete, wie Simon mitteilt.Die Kreditkartenfirma beschuldigt SAD, mit Cards dafür zu sorgen, daß es nicht nur einigen wenigen Hackern, sondern auch "Otto Normalverbraucher" möglich sei, die Magnetkarten zu manipulieren."Durch diese breite Vermarktung von Manipulationsmöglichkeiten kann ein erheblicher Schaden entstehen", sagte der Anwalt von Euro Kartensysteme, Achim Wagner, bei der Anhörung im Landgericht.Da für das Lesen und Beschreiben von Magnetkarten noch ein im Elektrohandel erhältliches Gerät angeschafft werden müsse, stelle sich die Frage: "Wer als normaler Eurocard-Benutzer beschafft sich ein Zusatzgerät für 1000 Mark, wenn er nicht wirklich Mißbrauch betreiben will?" SAD-Anwalt Knut Schulte bestreitet nicht, daß Cards die Möglichkeit zu verbotenen Manipulationen bietet.Das sei aber auch bei einem Farbkopierer der Fall, mit dem Banknoten gefälscht werden könnten.Das Programm will nach seinen Angaben auf Sicherheitsmängel der Magnetkarten aufmerksam machen.Der Eurocard- und Euroscheck-Anbieter sollte diese Schwächen beseitigen, statt eine unliebsame Software zu bekämpfen, forderte Schulte.Allerdings gesteht der Anwalt ein, daß die Software mit "ungeschickten Werbeaussagen" auf den Markt gebracht worden sei, zu deren Unterlassung SAD bereit sei. Deutlicher drückt es Wau Holland vom Chaos Computer Club (CCC) aus, der wiederholt auf die Risiken von Magnetkarten hingewiesen hat.Cards sei "ein Programm mit zusammengeschusterten Texten", die zudem "teilweise sachlich falsch" seien."Nichts sagen und aufreißerisch verpacken scheint das Geschäftsgeheimnis zu sein." Zum Preis von 49,90 Mark enthalte die CD-ROM gerade mal fünf Megabyte Daten. Den Verdacht, daß mit Cards vor allem der Absatz von Lese- und Schreibgeräten für Magnetkarten angekurbelt werden soll, weist SAD-Gesellschafter Simon zurück.Es gebe keinerlei Verbindung zu der im CD-ROM-Booklet genannten Firma, bei der man Geräte "zum Vorzugspreis" bestellen könne.Simon klagt über den Image-Verlust, der seinem Unternehmen beim Vertrieb seiner Produkte im Handel jetzt entstanden sei."Da kommen erhebliche Folgeschäden auf uns zu", sagt der Unternehmer und spricht von der Möglichkeit, seinerseits Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Der Vorsitzende Richter Walter Labermeier ist nicht zu beneiden.Der Streitwert ist mit 500 000 Mark angesetzt ­ "fast etwas zu niedrig", wie der Richter zum Ende der Anhörung bemerkt.Die Entscheidung der Kammer soll am 4.Februar verkündet werden.

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