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Politik: Händler der Hoffnung

Das Trugreich des Hwang Woo-Suk ist zu Staub zerfallen. Der koreanische Klonforscher, der angeblich erstmals menschliche Embryonen geklont und aus ihnen für Patienten maßgeschneiderte Stammzellen hergestellt hatte – als Fälscher überführt.

Das Trugreich des Hwang Woo-Suk ist zu Staub zerfallen. Der koreanische Klonforscher, der angeblich erstmals menschliche Embryonen geklont und aus ihnen für Patienten maßgeschneiderte Stammzellen hergestellt hatte – als Fälscher überführt. Jene Studie, die ihm im Mai 2005 zu Weltruhm verholfen hatte, war zum überwiegenden Teil, vermutlich sogar vollständig erlogen. Wenn sich das Gleiche für Hwangs andere Arbeiten herausstellt, dann wäre auch das keine große Überraschung mehr. Mehr und mehr spricht dafür, dass die Welt auf einen pathologischen Hochstapler hereingefallen ist.

Hwang hatte vielen vieles versprochen. Vielleicht war das die Grundlage seines betrügerischen Erfolgs. Den Politikern und Bürgern seines Landes verhalf er zu Ruhm und internationaler Achtung, den Wissenschaftlern gab er öffentliche Anerkennung und revolutionäre Forschungsergebnisse, den Patienten die Erwartung auf neue Therapien. Chronisch Kranke sollten von ihren schweren Leiden geheilt werden, Gelähmte, denen er Zellen entnahm, wieder gehen können, versprach ihnen Hwang. Er handelte mit Hoffnung, ja mit Erlösung; und er wurde der Schöpfer einer weltlichen Religion, der Lehre vom Klonen als dem Allheilmittel einer neuen Medizin.

Hwang hatte alle zu Träumen verführt. Vielleicht hat er am Ende selbst an seine Fabrikationen geglaubt. Anders lässt sich die Fassade des hart arbeitenden Wissenschaftlers kaum aufrechterhalten. Vielleicht kamen Größenwahn und Betrug zusammen. Doch der Traum ist ausgeträumt, und zwar gründlich. Die Klon- und Stammzellforschung steht wieder da, wo sie vor Hwang stand. Und das heißt: ziemlich am Anfang.

Es ist möglich, Säugetiere wie Schaf, Pferd und Katze genetisch zu kopieren, also zu klonen. Und es ist möglich, aus menschlichen Embryonen Stammzellen zu gewinnen, deren medizinisches Potenzial viel versprechend ist. Diese beiden Grundannahmen sind auch nach Hwang noch zutreffend. Beide Techniken, das Klonen und die Herstellung von embryonalen Stammzellen, führte Hwang zusammen. Jedenfalls tat er so. Nun muss ein ehrlicher Wissenschaftler zeigen, dass es tatsächlich möglich ist, menschliche embryonale Stammzellen zu klonen.

Klonforschung ist umstritten. Zwar haben alle seriösen Wissenschaftler dem Klonen von Menschen glaubhaft abgeschworen, aber das ist den Gegnern noch zu wenig. Sie sprechen von Embryonen, die für die Wissenschaft geopfert oder gar erzeugt werden müssen. Die Befürworter halten dem den potenziellen medizinischen Nutzen entgegen. Der Skandal um den Südkoreaner Hwang hat die Stammzellforschung um einen großen Teil ihres öffentlichen Vertrauens gebracht. Sie erscheint als Gewerbe, in dem schneller Ruhm und schnelles Geld locken, ohne jede Rücksicht auf ethische Verluste.

So hat Hwang Woo-Suk der Wissenschaft auch politisch großen Schaden zugefügt. Der ohnehin schwache Rückhalt, den die Stammzellforschung in Deutschland hat, wird wohl noch geringer geworden sein. Die immer mal wieder in die Diskussion gebrachte Forderung, das strenge deutsche Stammzellgesetz zu lockern, dürfte heute mehr denn je zum Scheitern verurteilt sein. Nur ein neuer Hwang könnte das ändern – aber einer, der das Vertrauen wirklich verdient. Immerhin waren es vor allem junge koreanische Wissenschaftler, die den Skandal aufdeckten. Es gibt sie also noch, die ehrlichen und unbestechlichen Forscher.

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