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Politik: Hamas-Anführer bei Raketenangriff getötet

Israel übt Vergeltung für Selbstmordanschlag / Abbas erzwingt Unterstützung für harten Kurs gegen Radikale

AUFKÜNDIGUNG DER WAFFENRUHE IN NAHOST

Tel Aviv . Israels Armee hat am Donnerstag Vergeltung für den Terroranschlag auf einen Jerusalemer Bus geübt. Nur wenige Stunden nachdem klar geworden war, dass das Sicherheitskabinett insgeheim beschlossen hatte, die umstrittene Liquidierungspolitik wieder aufzunehmen, töteten israelische Kampfhubschrauber den führenden Hamas-Politiker Ismael Abu Shanab in Gaza. Nach Augenzeugenberichten wurden fünf Raketen auf Abu Shanabs Auto abgefeuert. Der Wagen ging in Flammen auf. Mit Abu Shanab starben seine zwei Leibwächter, die auch in dem Wagen gesessen hatten. 14 Passanten wurden verletzt.

Noch vor einem Monat hatte Abu Shanab in einem Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ die Waffenruhe als rein taktischen Schritt seiner islamistischen Bewegung bezeichnet. Zugleich hatte er sich aber erfreut darüber geäußert, dass er sich dank dieser Waffenruhe ohne Angst vor israelischen Hubschrauber-Attacken frei bewegen könne.

Der Hamas-Führer Ismael Hania, der innerhalb der extremistischen Palästinenser-Bewegung als radikaler gilt als Abu Shanab, schwor in Gaza Rache: „Israel wird dies bedauern.“ Der Waffenstillstand sei damit annulliert. Der Islamische Dschihad verkündete ebenfalls, dass Scharon mit der Liquidierung Abu Shanabs die Waffenruhe für beendet erklärt habe.

Der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas bezeichnete die Tötung Abu Shanabs als „abscheuliches Verbrechen“. „Wir verurteilen solche Aktionen, welche gegen den Friedensprozess verstoßen.“ Sein Sicherheitsminister Mohammed Dahlan ließ erklären, dass die palästinensische Führung ihre in der Nacht zuvor getroffenen Entscheidungen nach dem Tod Abu Shanabs neu überprüfen müsse.

Nachdem Abbas’ Regierung unmittelbar nach dem Blutbad in Jerusalem angekündigt hatte, man werde „gegen die militärischen Strukturen von Hamas und Islamischem Dschihad“ energisch und umfassend vorgehen, fasste die Palästinenserführung unter Jassir Arafat wenig später weniger weit gehende Beschlüsse: Kontrolle über alle Waffen der diversen Gruppierungen – nicht aber die von den USA und Israel geforderte Einsammlung der illegalen Waffen. Außerdem verständigte sich die Palästinenserführung auf Verbote von Demonstrationen mit bewaffneten Teilnehmern.

Abbas forderte Arafat nach einer Krisensitzung seines Kabinetts ultimativ auf, seinen harten Kurs gegen die Extremisten zu unterstützen. Wie ein Palästinenservertreter berichtete, stellte Abbas dem Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) konkrete Forderungen, bei deren Nichterfüllung seine gesamte Regierung zurücktreten werde. Abbas und Dahlan mussten dabei Arafats Zustimmung zur Zerstörung von Waffenlagern der Extremisten erst erzwingen.

Bei der Sitzung des israelischen Sicherheitskabinettes kritisierten denn auch mehrere Minister die palästinensische Führung, weil sie ihren Worten keine Taten folgen lasse. Man könne dem „Imperium der Lüge“ keinen Glauben schenken, so die Kritiker. Grundsätzlich einigte sich das Sicherheitskabinett auf Vergeltungsschläge, wobei zwei Minister aber verlangten, man müsse Abbas und Dahlan einige Tage Zeit einräumen, um ihnen die Chance zu geben, ihre Ankündigungen des Kampfes gegen den Terror wahr zu machen.

Zentrum weiterer Vergeltungsaktionen war Nablus, die größte Stadt im Westjordanland. In deren Altstadt durchsuchten am Donnerstag israelische Elitetruppen Häuser und nahmen zahlreiche Personen fest.

Nachdem die israelische Armee erklärt hat, Ziel ihrer Aktionen sei die Zerstörung der Produktionsstätten von Kassam-Raketen und die Unterbindung von Waffen- und Sprengstoffschmuggel, muss angenommen werden, dass erneute Einmärsche auch in den Gazastreifen, insbesondere in dessen südlichen Teil, bevorstehen. An mehreren Orten des Westjordanlandes zerstörten israelische Armee-Bulldozer Häuser, drei allein im Norden bei Nablus. In Hebron wurde das Haus des Selbstmordattentäters von Jerusalem gesprengt.

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