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Politik: Hamas sucht nach Partnern

Die Islamisten wollen eine Regierung bilden – und auch außerparlamentarische Gruppen einbinden

Schon im Vorfeld der Regierungsbildung in den Palästinensergebieten zeichnen sich für die Hamas große Probleme ab: Die radikalislamistische Bewegung, die die Regierungsgeschäfte übernehmen soll, stößt auf Hindernisse in Israel und den USA. Israel verhindert erste Koalitionsverhandlungen zwischen der Hamas und der geschlagenen Fatah; US-Außenministerin Condoleezza Rice will auf ihrer Nahostreise die arabischen Staaten auffordern, der Hamas-Regierung keine Gelder zu überweisen; Ägyptens Präsident Hosni Mubarak lehnt Gespräche mit der Hamas ab.

Am Dienstag erteilte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas dem Hamas-Anführer Ismail Hanija den Auftrag zur Regierungsbildung. Doch schon vorher hatten die Hamas die ersten Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Laut Hamas-Sprecher Sami Abu Zuhri versucht seine Bewegung, bis Anfang März „eine möglichst breite Koalition“ zu bilden. Mit einem entsprechenden Bündnis ließe sich aus Sicht der Palästinenser möglicherweise ein Stopp der internationalen Hilfsgelder verhindern.

Abbas und andere Repräsentanten der Fatah hatten am Montag plötzlich eine Bereitschaft zu einer Koalition mit der Hamas signalisiert, allerdings unter gewissen Vorbedingungen. Darüber wollten die beiden palästinensischen Bewegungen am Dienstag in Gaza-Stadt sprechen. Doch Israel untersagte sämtlichen palästinensischen Politikern, die an Koalitionsverhandlungen teilnehmen wollten, die Ein- und Ausreise in und aus dem Gazastreifen. Hamas-Sprecher Zuhri teilte mit, dass Israel unter anderen auch dem Fatah-Fraktionschef Assam al Ahmed die Reise vom Westjordanland in den Gazastreifen verboten habe.

Die Hamas versucht auch kleinere und sogar außerparlamentarische Gruppierungen für eine Teilnahme an der Regierung zu gewinnen. Der radikalislamistische Islamische Dschihad, der die Wahlen in den Palästinensergebieten boykottiert hatte, lehnte eine entsprechende Einladung der Hamas ab, will aber „Hamas beim Widerstand unterstützen, um die Interessen unseres Volkes zu schützen“, wie dessen Anführer Nafez Assam sagte. Ein erstes Gespräch mit der Führung der marxistischen PFLP fand bereits statt, ein weiteres mit der noch linkeren DFLP ist vorgesehen, und ein Treffen mit dem Abgeordneten Mustafa Barghuti konnte nicht stattfinden – auch der prominente Menschenrechtler durfte nicht in den Gazastreifen einreisen.

Israel will mit diesem Reiseverbot die Hamas unter Druck setzen und Ismail Hanija klarmachen, dass auf Dauer eine konkrete Regierungsarbeit praktisch unmöglich sei. Bisher waren Beobachter davon ausgegangen, dass das Reiseverbot zwischen Gazastreifen und Westjordanland nur für Hamas-Aktivisten gelte.

Das Hauptproblem der künftigen Regierung, ob sie nun von der Hamas allein gebildet oder von den Radikalislamisten nur angeführt wird, ist indes der sich abzeichnende Stopp fast aller ausländischen Hilfsgelder sowie der israelischen Steuer- und Zollüberweisungen. US-Außenministerin Rice will auf ihrer Nahostreise, die am Dienstag begann, zuerst in Ägypten und danach auch in Saudi-Arabien und Abu Dhabi die jeweiligen Regierungen auffordern, wie die USA der künftigen palästinensischen Regierung kein Geld mehr zu überweisen. Das Geld solle erst wieder fließen, wenn die Hamas Israel und alle mit dem jüdischen Staat geschlossenen Abkommen anerkennt.

Die EU will unterdessen die Palästinenser bis zu einer Entscheidung der künftigen Hamas-Bewegung über die Haltung zu Israel weiter finanziell unterstützen. Das erklärten EU-Diplomaten am Dienstag in Brüssel. Die humanitäre Hilfe soll aber auf jeden Fall weiterlaufen. Die EU hat mehrfach erklärt, eine weitere Finanzhilfe für die Palästinenserbehörde sei nur möglich, wenn sich auch die neue Hamas-Regierung zu einer friedlichen Verhandlungslösung des Nahostkonflikts bekennt. Die EU ist der größte Geldgeber der Palästinenserbehörde. (mit dpa)

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