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Olaf Scholz.

© dapd

Hamburg: Der steife Herr Scholz

Vor 100 Tagen wurde der SPD-Mann Olaf Scholz als Hamburgs Erster Bürgermeister vereidigt. Sogar vom politischen Gegner gibt es gute Noten.

Das gibt es derzeit in keinem anderen Bundesland respektive Stadtstaat: Eine Alleinregierung ohne Koalitionspartner. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) genießt diesen Luxus nunmehr seit 100 Amtstagen. Noch am Abend des Wahlsieges der SPD am 20. Februar in Hamburg wurde Olaf Scholz ehrfurchtsvoll der Titel „König“ angedichtet, und mit der errungenen absoluten Mehrheit in der Elbmetropole waren die Sozialdemokraten geradezu besoffen vor Glück.

Scholz legte sein Bundestagsmandat in Berlin nieder. Als früherer Arbeitsminister der Großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und durch seine Parteiposten bleibt er aber in Berlin gut vernetzt, weshalb er in der Vorwoche auch die Kanzlerin nach Washington begleitete. Seine immer noch ein wenig steife Art ist dem Staatsmännischen zwar nicht abträglich, die Herzen der Hamburger, die seinem Vor-Vorgänger im Rathaus, Ole von Beust (CDU), regelrecht zugeflogen waren und dessen Kurzzeitnachfolger Christoph Ahlhaus (CDU) nie erreichten, muss er aber erst noch erobern. Bei der Meisterfeier der HSV-Handballer auf dem Rathausbalkon wirkte Scholz noch wie ein Fremdkörper.

Doch es gibt auch Lob für den neuen Bürgermeister, der am heutigen Dienstag seinen 53. Geburtstag feiert. Ole von Beust attestierte ihm vor wenigen Tagen, dass er seine Sache „persönlich solide“ mache. Das erstickt beinahe jegliche Kritik aus dem Lager der Union. Deren Fraktionsvorsitzender Dietrich Wersich mäkelt dennoch an der Startbilanz. Aus seiner Sicht hat sich der neue Senat bereits entzaubert. Scholz übernehme weitgehend die aus Sparzwang erfolgten Haushaltsansätze von CDU und Grün-Alternativer Liste (GAL) aus dem Vorjahr, wolle dafür aber nicht die Verantwortung tragen, sondern verweise auf die schwarz-grüne Regierungszeit. „Welche Glaubwürdigkeit steckt denn hinter solch einem Vorgehen?“, fragt Wersich. Scholz und die SPD dürften gerne auf die Vorgängerregierungen verweisen, doch dann sollten sie so fair sein und die Erfolgsgeschichten den wahren Urhebern zusprechen.

Der unumgängliche Stellenabbau zur Haushaltskonsolidierung berge aus seiner Sicht viel mehr Sprengstoff für die Regierung Scholz als die aktuellen Hochschulproteste gegen finanzielle Kürzungen. Wenn jemand innerhalb kürzester Zeit gescheitert ist, dann sei das die Wissenschaftsministerin Dorothee Stapelfeldt (SPD), heißt es von den Linken. Und für die GAL hat Scholz in der Umweltpolitik einen Rückwärtsgang eingelegt. Der von Scholz vorgebrachte Verträglichkeitskonflikts zwischen Ökologie und Ökonomie sei laut GAL-Fraktionschef Jens Kerstan „Politik von anno dazumal“.

Doch Scholz und sein Senatorenteam konnten auch punkten. Gesundheits- und Verbraucherschutzsenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) erhielt in der Ehec-Krise trotz der später wieder kassierten Warnung vor spanischen Gurken gute Noten für ihr Krisenmanagement. Und weil die Polizei rund um den 1. Mai im Schanzenviertel die befürchteten Krawalle mit einer Null-Toleranz-Strategie unterbinden konnte, gilt Michael Neumann (SPD) als starker Innensenator. Zudem hat Scholz schnell wichtige Versprechen eingelöst: Er nahm die unter Schwarz- Grün erfolgte Kita-Gebührenerhöhung zurück und räumte damit einen gefährlichen Konflikt aus dem Weg. Er kündigte die Abschaffung von Studiengebühren für das Wintersemester 2012 an und bremste den Unmut der Beamten, indem er mit den Gewerkschaften einen Besoldungskompromiss und eine Weihnachtsgeldregelung vereinbarte. Wenn sein parteiloser Wirtschaftssenator Frank Horch recht behält, und Anfang nächsten Jahres die Arbeiten für die Elbvertiefung beginnen, dann wird man es Scholz wohl verzeihen, dass er ein weiteres Ziel – die jährlich angepeilten 6000 neuen Wohnungen – verfehlt.

Die wahre Herausforderung steht der SPD in Hamburg aber noch bevor. Sollte es einen Konjunktureinbruch geben und die Einhaltung der Schuldenbremse bis 2020 in Gefahr geraten, könnte Scholz „der Anspruch des Sparens schmerzlich auf die Füße fallen“, prophezeit Dora Heyenn, Kopf der Linksfraktion.

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