zum Hauptinhalt
Gesetzlich oder privat? Ohne diese Wahlmöglichkeit könnten Kassenmitglieder einiges sparen.

© Harald Tittel / dpa

Hamburgs Vorstoß bringt Unruhe in Jamaika-Koalition: Kassenwahlrecht für Beamte auch in Schleswig-Holstein?

Nach dem Vorstoß von Hamburg diskutiert nun auch Schleswig-Holstein über ein freies Wahlrecht für Beamte bei der Krankenversicherung. Man werde möglichen Änderungsbedarf ausloten, heißt es in der Jamaika-Koalition.

Die Hamburger Pläne, Landesbeamten künftig die freie Wahl zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung zu lassen, haben auch Unruhe in die Jamaika-Koalition des Nachbarlandes Schleswig-Holstein gebracht

Sie finde den Vorstoß auch mit Blick auf ein einheitliches Sicherungssystem für Beamte und Angestellte in Kranken- wie Rentenversicherung „spannend“, hatte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) kundgetan – und war prompt von Sozialminister Heiner Garg (FDP) zurückgepfiffen worden. Beobachter orakelten bereits von einer ersten Koalitionskrise. Doch nun einigten sich Finanz- und Sozialministerium auf eine doch recht konkrete Ankündigung.

"Wahlmöglichkeiten müssen stärker in den Fokus"

Die Koalition werde den „möglichen Änderungsbedarf“ in den nächsten Monaten „ausloten“, heißt es darin. Und: Im Sinne der Versicherten müssten „Fragen der Durchlässigkeit der unterschiedlichen Systeme sowie die hiermit verbundenen Wahlmöglichkeiten stärker in den Fokus genommen werden als bisher“.

Wie berichtet will Hamburgs rot-grüner Senat seinen Beamten ab Mitte 2018 auf eigene Faust eine Alternative zur Beihilfe in der privaten Krankenversicherung (PKV) anbieten. Auf Wunsch sollen sie dann wie alle Angestellten auch den hälftigen Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstattet bekommen. Zwar können sich Beamte schon bisher gesetzlich krankenversichern. Sie gehen dabei aber finanziell leer aus. Privat versicherte Beamte dagegen bekommen 50, im Alter sogar 70 Prozent ihrer Behandlungskosten über die Beihilfe bezahlt.

Im Bundesrat war entsprechende Initiative gescheitert

Im rot-grünen Bremen und dem rot-rot-grün regierten Berlin stieß der Hamburger Vorstoß erst mal auf abwartende Sympathie. Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) ging ein bisschen weiter und kündigte eine Diskussion über „mögliche Wege“ zu einem „echten Wahlrecht für Beamte“ an. Doch in Ländern mit schwarz-gelber Regierungsbeteiligung waren Zuschüsse für gesetzlich versicherte Staatsdiener, die der PKV auf lange Sicht den Boden entziehen könnten, bisher ein Tabu. Im Bundesrat war eine entsprechende Initiative von Thüringen, Berlin und Bremen vor kurzem gescheitert.

Im hohen Norden aber scheinen Union und FDP diese Idee aber weniger verbissen zu sehen als anderswo. Zwar warnte Sozialminister Garg pflichtschuldig vor einem „weiteren Versuch, scheibchenweise und durch die Hintertür das rot-rot-grüne Projekt einer Einheitsversicherung voranzubringen“ – schließlich ist grade Bundestagswahlkampf und die politischen Gegner propagieren vehement den Wechsel zur Bürgerversicherung.

Die Lasten durch Beihilfe-Zahlungen steigen

Doch der als unideologisch geltende FDP-Mann hat auch die steigenden Lasten durch hohe Beihilfe-Zahlungen im Kopf. 2016 beliefen sie sich für die knapp 45.000 Beamten und rund 34.000 Versorgungsempfänger in Schleswig-Holstein immerhin auf 267,6 Millionen Euro – Tendenz weiter steigend.

Bei einer Zuschussregelung für gesetzlich versicherte Beamte stiege zwar kurzfristig die Belastung. Auf längere Sicht würde eine verstärkte gesetzliche Absicherung der Staatsdiener die öffentlichen Kassen aber deutlich entlasten, hat die Bertelsmann-Stiftung errechnet. Außerdem entfalle dadurch ein "nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand" für die Prüfung von Arzneirechnungen und Ermittlung des individuellen Beihilfeanspruchs, argumentiert Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD)

Dem Ruf nach mehr Wahlfreiheit können sich echte Liberale kaum verschließen

Dem Ruf nach Wahlfreiheit für Beamte kann sich Garg als Liberaler vom Grundsatz her auch schlecht verschließen. Und Regierungschef Daniel Günther (CDU) weiß ebenfalls, dass er den zum Regieren benötigten Grünen mit einer vorsichtigen Systemöffnung ein Herzensanliegen erfüllen könnte.

Der demografische Wandel beschere GKV, PKV und dem Beihilfesystem für Beamte „Herausforderungen, denen die Politik sich stellen muss“, heißt es nun in der gemeinsamen Erklärung. Das ist zwar vage, aber die Stoßrichtung ist erkennbar. Und dass bei alledem „die dauerhafte finanzielle Tragfähigkeit sowie die Sicherung des Zugangs zu einer hochwertigen gesundheitlichen Versorgung eine herausragende Rolle“ spielen müsse, könnten auch die Hamburger unterschreiben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false