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Politik: Hardthöhe: Einsatz der Soldaten im Kosovo kann zehn Jahre dauern

BONN/BRÜSSEL/PRISTINA (Tsp). Der Einsatz der Friedenstruppe im Kosovo wird offenbar deutlich länger dauern als bisher erwartet.

BONN/BRÜSSEL/PRISTINA (Tsp). Der Einsatz der Friedenstruppe im Kosovo wird offenbar deutlich länger dauern als bisher erwartet. Im Bundesverteidigungsministerium geht man davon aus, daß die internationalen Einheiten und die deutschen Soldaten bis zu zehn Jahre in der Krisenprovinz bleiben werden. Bisher war immer die Rede davon, daß der Einsatz ähnlich wie in Bosnien nur bis zu fünf Jahren dauern würde. Unterdessen verließen mit dem Abzug der jugoslawischen Armee auch am Dienstag wieder massenhaft serbische Zivilisten das Kosovo. Gleichzeitig kehrten Hunderte Kosovo-Albaner zurück. Die serbisch-orthodoxe Kirche forderte den Rücktritt von Staatschef Milosevic.

Die Nato zeigte sich mit dem Rückzug trotz Transportproblemen der Serben weitgehend zufrieden. Bis zum Sonntag sollten alle 45000 Sicherheitskräfte Jugoslawiens das Kosovo verlassen haben. Dann soll der Nato-Rat grünes Licht für eine Einstellung der Luftangriffe, die bislang nur ausgesetzt sind, geben. Bundesverteidigungsminister Scharping ging davon aus, daß die Eingliederung der russischen Truppen in die internationale Kosovo-Friedenstruppe KFOR bald gelöst sein werde. Dabei schloß er nicht aus, daß die Russen an der Seite der deutschen Streitkräfte im Gebiet um die Stadt Prizren stationiert werden könnten. Zur Klärung der Rolle Rußlands treffen sich am Mittwoch in Helsinki die Außen- und Verteidigungsminister der USA und Rußlands.

Seit dem Einmarsch der KFOR-Friedenstruppen am vergangenen Sonnabend verließen nach Angaben von Hilfsorganisationen mehr als 37 000 Serben das Kosovo. Insgesamt sollen nach Schätzungen 150 000 in der Provinz gelebt haben. Nach der Entdeckung von drei Massengräbern am Montag fanden deutsche Soldaten der KFOR-Truppe in einer Hausruine im Dorf Velika Krusa 20 angekohlte Leichen gefunden.

Die Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) nutzt den Einmarsch der internationalen Friedenstruppe und den serbischen Rückzug aus dem Kosovo dazu, strategisch wichtige Positionen zu besetzen. Nach jugoslawischen Agenturmeldungen vom Dienstag wurden sieben Serben von UCK-Kämpfern getötet. Nato-Sprecher Shea bestätigte gewaltsame Zwischenfälle und begründete sie mit dem Machtvakuum, das wegen der noch nicht abgeschlossenen Stationierung der KFOR im Kosovo bestehe. In der Phase des Einmarsches "können wir nicht jeden Zwischenfall verhindern", sagte Shea in Brüssel. Shea betonte, daß die Nato auch auf der Entmilitarisierung der UCK bestehen werde. UCK-Führer Thaci hatte zuvor in Interviews mit kosovo-albanischen Medien den Standpunkt vertreten, daß seine Organisation als "reguläre Armee" nicht zu den im Friedensabkommen aufgeführten militärischen und paramilitärischen Gruppen gehöre, die zu entwaffnen seien. Nach Angaben Belgrads haben Kämpfer der UCK am Dienstag von Serben bewohnte Häuser in dem Dorf Solvinje angegriffen, das 20 Kilometer südwestlich Pristinas liegt.

Unterdessen hat die serbisch-orthodoxe Kirche erstmals den Rücktritt des jugoslawischen Präsidenten Milosevic verlangt. Wie die Nachrichtenagentur Beta berichtete, sprach sich der Heilige Synod, das oberste Leitungsgremium der Kirche, am Dienstag für die Berufung "neuer, für die nationale und internationale Öffentlichkeit akzeptabler Männer" in eine "Regierung der nationalen Rettung" aus. Die Kirche hatte in der Vergangenheit wiederholt scharfe Kritik an Milosevic geübt, bisher jedoch nie offen seinen Amtsverzicht gefordert. Neue Personen, die für die heimische Öffentlichkeit ebenso akzeptabel sind wie für die internationale Gemeinschaft, sollten die Verantwortung für das Volk und seine Zukunft übernehmen, hieß es.

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