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Gut bewacht. Die innenpolitische Grundsatzdebatte im Bundestag war auch von den Terror-Vermutungen der letzten Tage und deren Auswirkungen geprägt. Foto: Fabrizio Bensch/Reuters

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Politik: Harmonie im Sperrbezirk

Im Bundestag stößt Innenminister de Maizière mit seiner Politik auf wenig Widerspruch

Von Robert Birnbaum

Berlin - Olaf Scholz hat eine Zwischenfrage an den CSU-Kollegen Hans-Peter Uhl. Der Chef-Innenpolitiker der Unionsfraktion hat nämlich gerade erklärt: „Multikulti ist gescheitert.“ Ob er damit, will der SPD-Mann Scholz wissen, die „spezielle Form der Regierungszusammenarbeit in Hamburg“ gemeint habe? Uhl murmelt vor sich hin, dass er aus München komme und Schwarz-Grün an der Elbe nur aus der Ferne kenne. Der Hanseat Scholz grinst und setzt sich wieder. Die kleine Szene verrät viel über das Klima, in dem der Bundestag am Donnerstag über die innere Sicherheit diskutiert.

Selten ist eine Haushaltsdebatte über den Etat und damit über die politische Bilanz des Innenministers derart wenig kontrovers verlaufen. Das liegt auch am Ernst der Lage. Kein Redner, der nicht daran erinnert, dass das Parlament von Absperrungen und Patrouillen mit Maschinenpistolen geschützt werden muss. Es liegt vor allem aber an Thomas de Maizière. Selbst Linken-Fraktionsvize Jan Korte, sonst im Austeilen nicht kleinlich, sieht Anlass, den CDU-Minister zu loben. Dass es Grund zur Sorge gebe, aber keinen Grund zur Hysterie – in dieser Aussage de Maizières stecke ein neuer, besonnener Ton.

De Maizière lässt seinerseits keinen Zweifel aufkommen, dass er an der Tonlage nichts ändern will. Er bedankt sich für Lob und Unterstützung ausdrücklich auch der Opposition, plädiert für Mäßigung auch im Kampf gegen den Terror und bekennt sich zu „Sicherheit in Freiheit“ als „Grund, Methode und Ziel unserer demokratischen Ordnung“. Milde spöttisch weist er den Vorwurf aus Polizeigewerkschaften und SPD zurück, dass ein Abbau von 1000 Stellen bei der Polizei einen Abbau an Sicherheit bedeute. Von dieser Stellenkürzung seien die Beamten auf der Straße ausdrücklich ausgenommen – es gehe um Schreibtischjobs. Im innerkoalitionären Konflikt um die Vorratsdatenspeicherung macht er klar, dass er eine Neuregelung will – bleibt aber auch hier im Ton verbindlich. „Ich freue mich über die wachsende Zustimmung“ sogar in liberalen Presseorganen wie der „Zeit“ – das muss genügen als Wink an die Kabinettskollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

Nur an einer Stelle kündigt de Maizière Verschärfungen an: Die Abschiebung von Ausländern, die sich partout nicht in Deutschland integrieren wollen, soll erleichtert werden. Er lasse prüfen, ob die Vorschriften erweitert oder der Vollzug erleichtert werden könne. Aber genauso gelte, dass jeder willkommen sei, der die Werteordnung anerkenne, die deutsche Sprache lerne und sich integrieren lasse. „Integration scheitert durch Schönfärberei ebenso wie durch Schwarzmalerei“ – wieder ein Satz, dem kaum zu widersprechen ist.

Der Opposition bleibt da nur mehr, sich auf die paar Hardliner zu stürzen, die es in der Union auch noch gibt. Den niedersächsischen CDU-Innenminister Uwe Schünemann etwa, der den Einsatz der Bundeswehr gegen Luft-Terror fordert, oder den Rechtspolitiker Siegfried Kauder, der die Pressefreiheit einschränken will. Die Linke Ulla Jelpke beschwert sich über die „Friede-Freude-Eierkuchen“-Atmosphäre im Plenarsaal angesichts dessen, „was wir in den Medien lesen“. De Maizière schmunzelt still in sich hinein. Was immer die Frau Jelpke da gelesen hat – was geht’s ihn an?

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