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Politik: Harsche Note

Israel wirft dem Vatikan vor, den palästinensischen Terror absichtlich nicht zu verurteilen

„Der Heilige Stuhl lässt sich von niemandem vorschreiben, was und wie er etwas sagen soll.“ So hart und unverblümt hat der Vatikan lange nicht mehr gesprochen – und das gegenüber einem Partner, um den sich Johannes Paul II. über zweieinhalb Jahrzehnte mit Geduld, Milde, Vorsicht und Bußgesinnung bemüht hatte. Doch jetzt hat die Regierung in Israel einen anderen Ton angeschlagen, und der Vatikan sieht sich frontal angegriffen.

Nach den Terroranschlägen der vergangenen Woche hatte Papst Benedikt XVI. für die Opfer „in Ägypten, der Türkei, dem Irak und in Großbritannien“ gebetet – und kurz darauf wurde der Vatikan-Botschafter in Jerusalem, Nuntius Pietro Sambi, ins Außenministerium zitiert. Dort überreichte man ihm eine harsche Protestnote: „Mit Absicht“ habe es der Papst „unterlassen, auch das Blutbad von Netanija zu verurteilen“, bei dem am 12. Juli ein palästinensischer Selbstmordattentäter fünf Israelis mit in den Tod gerissen hatte.

Zuerst verteidigte sich der von Israels harscher Reaktion verblüffte Vatikan: Der Papst habe „ausdrücklich nur die Anschläge in diesen Tagen“ erwähnt; bekanntlich aber hätten die Päpste immer „alle Formen des Terrors von wem und gegen wen auch immer ohne Vorbehalte verurteilt“. Netanija falle selbstverständlich auch darunter. Dann aber legte Nimrod Barkan, Direktor im israelischen Außenministerium, nach. Der „Jerusalem Post“ sagte er, Israel habe „einmal mit der Faust auf den Tisch hauen müssen“. Es sei „Politik des Vatikan seit Jahren“ gewesen, „den Terror gegen Israel nicht zu verurteilen. Der Vatikan hat nie einen Preis für diese Unterlassung zahlen müssen. Jetzt gibt’s einen neuen Papst, jetzt haben wir beschlossen, das Thema anzugehen.“

Das nun ließ sich der Vatikan nicht mehr gefallen. Papst-Sprecher Joaquin Navarro-Valls veröffentlichte „ohne Anspruch auf Vollständigkeit“ eine lange Liste von Wortmeldungen, mit denen Johannes Paul II. den Terror als solchen und unter anderem auch Anschläge gegen Israel verurteilt hatte. Und er startete seinerseits einen Frontalangriff: „Es war aus verschiedenen Gründen nicht immer möglich, jedes Attentat gegen Israel zu verurteilen, unter anderem, weil Israels Reaktionen auf diese Anschläge nicht immer mit dem Völkerrecht vereinbar waren. Es wäre deshalb unmöglich gewesen, die ersten zu verurteilen und die zweiten mit Schweigen zu übergehen.“ Auch wenn der Papst „an die unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes erinnert“ habe, habe er „in unzweideutigen Worten die Unzulässigkeit von Gewalt“ herausgestellt, sagt NavarroValls. Die Anschuldigungen Israels seien also „nur ein Vorwand“.

Woher der neue, scharfe Ton rührt, ist auch diplomatischen Insidern in Rom rätselhaft. Immerhin hatte Premier Ariel Scharon erst vor drei Wochen den neuen Papst nach Israel eingeladen. Im entsprechenden Brief schreibt Kommunikationsminister Dalia Itzik nach Angaben italienischer Zeitungen: „Der Papst ist sehr herzlich gegenüber Israel; er macht den Eindruck, als wolle er die Linie seines Vorgängers fortsetzen, eines wahren Freundes Israels und des jüdischen Volkes.“

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