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Großbritannien: Harte Zeiten – auch für Cameron

Der britische Regierungschef stimmt seine Partei und die Nation auf einen strengen Sparkurs ein.

„Sparen ist nicht einfach“, warnte der britische Premier David Cameron am Mittwoch. „Es liegen harte Zeiten vor uns.“ Zum Abschluss des Parteitags der Konservativen in Birmingham verteidigte er das drastische Sparprogramm der Regierungskoalition, zu dem es „keine verantwortliche Alternative“ gebe. Aber er erläuterte den Briten auch so leidenschaftlich und umfassend wie noch nie seine Vision einer „großen Gesellschaft“, die über die aktuelle Sparkrise hinaus führe. „Wenn wir zusammenstehen und diese Schulden jetzt anpacken, wird jeder in unserem Land in ein paar Jahren die Belohnung dafür spüren“, versprach er.

Vier Tage lang stand der Tory-Parteitag unter dem Eindruck der schwersten Sparmaßnahmen der britischen Geschichte. In zwei Wochen wird Schatzkanzler George Osborne erläutern, wie er in vier Jahren 83 Milliarden Pfund (98 Milliarden Euro) aus dem Haushalt streichen und das Rekorddefizit abbauen will. Cameron, der zum ersten Mal als Premier zu seiner Partei sprach, wies Argumente der Labour-Partei zurück, die Sparmaßnahmen würden von den Tories forciert, um zum Laissez-Faire-Staat früherer konservativer Regierungen zurückzukehren.

Cameron verband die schärfsten Attacken auf Labours 13-jährige „Misswirtschaft“ mit einer Erläuterung seiner Reformpolitik der Dezentralisierung und Deregulierung. Die großen Staatsmonopole sollen abgebaut und durch Kooperativen und selbstbestimmte Verbände ersetzt werden.

Cameron forderte Labour auch mit einer Debatte über den Begriff Fairness heraus. Labour kritisiert das Sparprogramm der Regierung als „unfair“, weil Ausgaben für Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose und Familien gekürzt werden. „Wir messen Fairness nicht an der Höhe des Schecks, sondern an den Chancen, die wir den Menschen geben“, antwortete Cameron.

Die Partei erlebte in Birmingham einen Schock, als Osborne die Streichung des Kindergelds für Besserverdienende ankündigte – ein direkter Angriff auf den Verteilungsapparat des Sozialstaats und die Stammwählerschaft der Tories. Aber die Parole des Parteitags lautete „Gemeinsam im nationalen Interesse“ – das sollte nicht nur die Einheit der Nation und der Partei, sondern auch die der fragilen Koalition mit den Liberaldemokraten beschwören.

„Lasst Labour den Status quo verteidigen, die Gruppeninteressen, die Gewerkschaften, die Verbandsdemokraten, die Eliten, das Establishment. Wir sind jetzt die Radikalen.“ Cameron versprach, das alte System zu „zerschlagen“ und Macht vom Staat zum Bürger, von der Regierung an die Gesellschaft übertragen.

Der neue Labourchef Ed Miliband will sich als Fürsprecher der „ausgequetschten Mittelschichten“ positionieren, die am stärksten die Bürde der Haushaltssanierung tragen. Die Konservativen dagegen definieren die Mitte nicht als eine bestimmte Einkommensschicht, sondern als den Bewusstseinszustand von Menschen, die vorankommen und selbst für sich, ihre Familien und ihre Gemeinschaften Verantwortung tragen wollen.

Trotz der Haushaltskrise wollen die Tories, dass Großbritannien weiterhin eine führende Rolle auf der Weltbühne spielt. Cameron bestätigte, dass Großbritannien an der Erneuerung der altersschwachen Atomwaffe Trident festhalten wird. Vor Camerons Rede hatte Außenminister William Hague Jubel ausgelöst, als er das „Souveränitätsgesetz“ erläuterte, mit dem Großbritannien den Machtabfluss an die EU bremsen will. Dieses Gesetz werde eine „ewige Wahrheit“ verankern: „Was ein souveränes Parlament tun kann, kann es auch wieder rückgängig machen.“

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