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Neu rechnen. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

© Thomas Peter/Reuters

Hartz IV: Berlin ist Hauptstadt der Stütze

Nirgendwo ist der Anteil der Hartz-IV-Empfänger höher als in Berlin. Unter den Betroffenen gibt es allerdings eine vergleichsweise hohe Arbeitsmotivation. Hartz IV ist "nur selten ein Ruhekissen", heißt es in einer neuen Studie.

Berlin - Gut 6,6 Millionen Menschen sind betroffen, wenn im nächsten Jahr die Hartz-IV-Leistungen neu berechnet werden – darunter mehr als zwei Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Mehr als jeder zehnte Haushalt in Deutschland erhält nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) die Transfers. Bundesweit am höchsten ist der Anteil der Hartz-IV-Empfänger dabei in Berlin: In der Hauptstadt war zuletzt knapp jeder Fünfte (18,7 Prozent) im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren auf die staatliche Unterstützung angewiesen.

Den Langzeitarbeitslosen, der es sich in der „sozialen Hängematte“ bequem gemacht hat, gibt es nach Untersuchungen von Arbeitsmarktforschern nicht besonders häufig. Der Hartz-IV-Bezug sei „nur selten ein Ruhekissen“, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vor kurzem in einer Studie feststellte. Unter den Betroffenen gebe es eine vergleichsweise hohe Arbeitsmotivation und die Bereitschaft, für einen Job auch Zugeständnisse zu machen – etwa bei der Lohnhöhe, aber auch beim Weg zum Arbeitsplatz.

Der Ausstieg aus dem Leistungsbezug fällt vielen dennoch schwer, wie eine andere Studie der Nürnberger Arbeitsmarktexperten zeigt: Viele Betroffene erhalten sehr lange Hartz IV. Drei Jahre nach dem Start der Arbeitsmarktreform bezogen 45 Prozent der Haushalte immer noch Hartz-IV-Leistungen. Diejenigen, die einen Arbeitsplatz finden, arbeiten oft zu geringen Löhnen. Fast jeder Zweite verdient nach Angaben der Forscher weniger als 7,50 Euro pro Stunde.

Dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht ohnehin nur ein Teil der Hartz-IV-Bezieher. Zwar sind grundsätzlich alle erwerbsfähigen Hilfeempfänger verpflichtet, einen zumutbaren Job anzunehmen. Doch faktisch gibt es zahlreiche Ausnahmen, etwa wenn kleine Kinder betreut werden müssen oder pflegebedürftige Angehörige. Wer eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme besucht, muss sich auch nicht als arbeitssuchend melden. Und wer zusätzlich zu Hartz IV mehr als 15 Stunden pro Woche arbeitet, zählt ebenfalls nicht als arbeitslos. Das führt dazu, dass nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit zuletzt nur vier von zehn erwerbsfähigen Hilfebedürftigen überhaupt arbeitslos gemeldet waren, insgesamt sind das rund zwei Millionen Menschen. Unter ihnen sind mehr Männer als Frauen, weil Letztere sich häufiger um die Kinderbetreuung kümmern.

Mehr als ein Viertel der erwerbsfähigen Hartz-IV-Bezieher gehört zu den sogenannten „Aufstockern“, die durch einen Job etwas zu ihrer Grundsicherung dazuverdienen – insgesamt 1,4 Millionen Menschen. Davon haben gut 300 000 einen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob, der so schlecht bezahlt ist, dass sie zusätzlich Anspruch auf Hartz IV haben. Die meisten Aufstocker gehen allerdings einem Teilzeit- oder einem Minijob nach.

Alleinerziehende haben das höchste Risiko, auf Hartz IV angewiesen zu sein. Vor allem weil flexible Kinderbetreuungsangebote fehlen, beziehen in Deutschland mehr als 40 Prozent der alleinerziehenden Mütter und Väter Hartz IV, insgesamt mehr als 600 000 Personen. Mit der Zahl der Kinder nimmt die Hilfebedürftigkeit stark zu, wie die BA-Statistiken zeigen: 70 Prozent der Alleinerziehenden mit drei Kindern bekommen Hartz IV.

Auch wenn in Deutschland viele Kinder von Hartz IV leben müssen, sind Kinder an sich kein Armutsrisiko. So haben Single-Haushalte eine knapp doppelt so hohe Hilfequote (15 Prozent) wie Paare mit Kindern (acht Prozent). Und nur in jedem dritten Hartz-IV-Haushalt leben überhaupt Kinder.

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