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Männersache. Die Ministerpräsidenten Kurt Beck (Rheinland-Pfalz, SPD), Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt, CDU) und Horst Seehofer (Bayern, CSU) haben die Verhandlungen in die Hand genommen.

© dpa

Hartz IV: Man(n) redet wieder

Die Ministerpräsidenten Beck, Seehofer und Böhmer sprechen "vertraulich" über Hartz IV – bald auch wieder mit Leyen und Schwesig, die an der aktuellen Länderrunde nicht beteiligt waren.

Berlin - Für die drei Ministerpräsidenten, die Hartz IV retten sollen, war es ein viel versprechendes Treffen: „Wir haben eine gute Grundlage geschaffen, um zügig zu einer Lösung zu kommen“, gab sich der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) am Dienstagabend zuversichtlich. Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Sachsen-Anhalt und Bayern, Wolfgang Böhmer (CDU) und Horst Seehofer (CSU), hatte Beck sich am Nachmittag in Berlin getroffen, um Spielräume für die weiteren Verhandlungen über die umstrittene Hartz-IV-Reform auszuloten. Nach dem Scheitern der ersten Vermittlungsrunde hatten die Länder auf Becks Initiative am Freitag im Bundesrat überraschend erneut den Vermittlungsausschuss angerufen.

Seehofer sagte, es seien „finanziell verantwortbare Korridore“ für eine einvernehmliche Lösung geschaffen. Aus Sicht der Länder sei nun eine Einigung möglich, betonte der CSU-Chef. In der Runde, für die Vertraulichkeit vereinbart wurde, sind nach den Worten Böhmers „alle Knackpunkte“ angesprochen worden, ohne dass Beschlüsse gefasst wurden. Es gebe aber auch Punkte, bei denen man immer noch auseinander liege.

Die Unionsfraktion im Bundestag will nicht um jeden Preis einer raschen Einigung im Streit um die Neuregelung der Hartz-Gesetze zustimmen. "Keiner darf glauben, dass die Bundestagsfraktion alles mitmachen wird", sagte Fraktionsvize Michael Fuchs dem Tagesspiegel. Fuchs warnte die Ministerpräsidenten von Union und SPD davor, einen "Kompromiss zu Lasten Dritter" auszuhandeln. Wer über eine Anhebung der Regelsätze um mehr als 5 Euro spricht, müsse auch sagen, woher das Geld dafür kommen soll, sagte Fuchs. "Es kann nicht sein, dass bei Hartz die Taschen voll sind, aber wenn es um die Leistungsträger der Nation geht, kein Geld für Entlastungen da ist."

Die beiden bisherigen Verhandlungsführerinnen, Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD), waren an der Länderrunde nicht beteiligt. Sie sollen aber am Donnerstag in der erweiterten Verhandlungsgruppe dabei sein, ebenso wie Politiker von FDP und Grünen. Für die Liberalen war am Dienstagnachmittag der niedersächsische Arbeitsminister Jörg Bode erschienen, nahm dann aber doch nicht an der Ministerpräsidenten-Runde teil.

Union und SPD wollen die Hartz-IV-Gespräche möglichst im Laufe der nächsten Woche abschließen. Rechtzeitig vor den Landtagswahlen im März solle ein Kompromiss präsentiert werden, hieß es in Verhandlungskreisen. Denkbar wäre, dass die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Reform in einer Sondersitzung des Bundesrats am 25. Februar endgültig verabschiedet werde.

Dass Beck am Wochenende angekündigt hatte, die Verhandlungsführung „auf der Ebene der Ministerpräsidenten“ zu halten, schürt vor allem in den Reihen der Koalitionsabgeordneten Misstrauen. Bereits am Montag hatte Unions-Fraktionschef Volker Kauder die Länder davor gewarnt, Verhandlungen über Hartz IV ohne die Unions-Bundestagsfraktion zu führen. Die Verhandlungslinie der Union werde erst an diesem Mittwoch beim Kabinettsfrühstück festgelegt, hieß es in Koalitionskreisen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte am Dienstag bei einer Betriebsräte- und Gewerkschafterkonferenz an, die SPD wolle weiter über Mindestlöhne und Leiharbeit sprechen: „Wir wollen dafür sorgen, dass die Menschen von ihrer Hände Arbeit leben können“, sagte Gabriel. Es gehe nicht an, dass es Arbeitnehmer gebe, die auf Hartz IV angewiesen seien. „Fleißig und billig darf nicht unsere Zukunft sein“, sagte er.

Die erste Verhandlungsrunde war vor allem an Uneinigkeit über die Regelsätze für die 4,7 Millionen erwachsenen Hartz-IV-Empfänger und am Thema Leiharbeit gescheitert. Die FDP warnte am Dienstag erneut vor einer Anhebung der Regelsätze über die von der Koalition geplanten fünf Euro hinaus. Wenn diese stärker angehoben würden, sei dies „ungerecht gegenüber den Geringverdienern“, sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner dem MDR.

Union und FDP setzen auf die Zustimmung der Opposition, indem sie Hartz-IV-Beziehern einen Sonderbedarf etwa für Mobilität einräumen. Wer nachweisen könne, dass er mit den im Regelsatz vorgesehenen 23 Euro für Bus- oder Bahnfahrten nicht auskomme, könne Extraförderung beantragen, hieß es. Dass es darüber hinaus wohl noch weitere Zugeständnisse beim Bildungspaket für bedürftige Kinder geben müsse, das aus Sicht von SPD und Grünen bislang unterfinanziert ist, sei aber auch klar. Die SPD will einem faulen Kompromiss bei der gleichen Bezahlung von Leiharbeitern und Stammbelegschaften („equal pay“) nicht zustimmen, sondern dafür kämpfen, dass aus der Lohnuntergrenze in der Leiharbeit ein „echter Mindestlohn“ werde.

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