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Hartz IV: Mehr Sanktionsmöglichkeiten gegen Langzeitarbeitslose

Union und SPD haben im Sozialausschuss des Bundestags den Weg für verschärfte Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger frei gemacht. Sollten diese künftig drei Jobangebot ausschlagen, gibt es kein Geld vom Staat mehr.

Nürnberg/Berlin - Die gute Botschaft kam aus Nürnberg, die weniger Gute aus Berlin. Während der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, erfreut den größten Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen seit dem Mauerfall verkünden konnte, griffen die Koalitions-Fraktionen von Union und SPD zu gleicher Stunde zur Keule: Einmütig beschlossen sie in der Hauptstadt schärferes Vorgehen gegen Langzeitarbeitslose.

Vor allem die Union drängte zu rigiderem Umgang mit arbeitsunwilligen Empfängern des Arbeitslosengeldes II, denn die Kosten der Hartz-IV-Reform sprengten bislang alle Finanzplanungen. Statt Einsparungen für den Bundeshaushalt gab es ständig neue Zusatzbelastungen in Milliardenhöhe. Statt der ursprünglichen 3,3 Millionen Bedarfsgemeinschaften, die Anspruch auf steuerfinanzierte Unterstützungsleistungen anmeldeten, waren es zuletzt knapp 700.000 mehr.

Im Streit um die Korrektur der Hartz-IV-Reform zitierte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» einen BA-Spitzenbeamten mit der Aussage, wenn durch Hartz IV jemand verarme, dann seien dies nicht die Leistungsempfänger, sondern die Steuerzahler. Die Koalition sieht das ebenfalls so - und zog die Notbremse gegen «Leistungsmissbrauch» und «Dehnung des Gesetzes»: Die Hartz-IV-Regelungen wurden enger gefasst, die Sanktionen gegen Schummler und Drückeberger verschärft. Ob sich damit die ab 2007 erhofften Minderausgaben von rund 1,5 Milliarden Euro erzielen lassen, ist fraglich.

Um keine neuen Schulden machen zu müssen, haben Union und SPD in ihrer Not vorsorglich in den Haushalt einen Puffer eingebaut. Sollte durch Hartz IV doch noch eine neue Haushaltslücke drohen, sollen die Fördermaßnahmen für Langzeitarbeitslose um 1,1 Milliarden Euro gekürzt und zur Etatdeckung genutzt werden. Im vergangenen Jahr war von den vorgesehenen 6,5 Milliarden Euro an Fördergeldern nur die Hälfte in Anspruch genommen worden.

Ein weiterer Notfallplan sieht vor, den so genannten Aussteuerungsbetrag von 10.000 auf 12.000 Euro zu erhöhen: Diesen Betrag muss die BA für jeden ihrer «Kunden», der nach einem Jahr noch nicht in neue Arbeit vermittelt wurde, an den Finanzminister zahlen.

Doch dagegen regt sich bei aller Loyalität gegenüber der Bundesregierung Widerstand bei der Bundesagentur-Führung. Hatte doch eine umfassende Reform der BA mit der Einführung umfassender Effizienz-Kontrollen dazu beigetragen, immer mehr Arbeitslosengeld-I-Empfänger rascher als früher wieder in Arbeit zu vermitteln. Dieser Umstand sorgte dafür, dass mehr Menschen vor Langzeitarbeitslosigkeit bewahrt wurden - und die BA vor der Zahlung des Aussteuerungsbetrags.

Ohnehin sieht die BA-Führung die Ursachen für die angebliche Kostenexplosion bei Hartz IV eher in den kommunalen Jobcentern als bei den betreuten Langzeitarbeitslosen. Dort sei längst nicht alles getan worden, um Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen oder sie für den Job fit zu machen, lässt die BA kritisch durchblicken: In vielen Jobcentern, in denen Arbeitsagentur und Sozialamt je zur Hälfte die Mitarbeiter stellen, fehle es an unternehmerischem Effizienzdenken.

Solche und andere Erfahrungen haben inzwischen Weises frühere Befürchtungen bezüglich der gemischten Trägerschaft der Jobcenter weitgehend bestätigt. «Wir haben damals klar gesagt: Wir würden das anders organisieren», erinnerte Weise an seine damaligen Bedenken zum Hartz-IV-Kompromiss. (Von Günther Voss und Klaus Tscharnke, dpa)

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