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Politik: Haushalt 2001: Eichel waigelt - Der Finanzminister macht was sein Vorgänger immer wollte (Kommentar)

Was ich hier vorzutragen habe, dafür brauchen wir uns nicht zu schämen - so hat Finanzminister Hans Eichel seinen Haushaltsentwurf für 2001 vorgestellt. Und er hat Recht.

Was ich hier vorzutragen habe, dafür brauchen wir uns nicht zu schämen - so hat Finanzminister Hans Eichel seinen Haushaltsentwurf für 2001 vorgestellt. Und er hat Recht. Zwar machen es ihm das anhaltende Wirtschaftswachstum und der Rückgang der Arbeitslosigkeit leicht, aber der Minister geht den Weg aus der Schuldenfalle auch aus Überzeugung konsequent weiter.

Neu ist das, was Eichel sagt, eigentlich nicht. Konsolidierung der Haushalte und Entlastung der Bürger durch grundlegende Steuerreformen - das gehörte bereits zum festen Repertoire von Eichels Vorgänger Theo Waigel. Wenn der Bund von 100 Mark Steuern, die er einnimmt, 22 Mark für die Zinsen der 1,5 Billionen Mark Schulden zahlen muss, gibt es dazu auch keine Alternative. Sonst schnürt sich der Staat in seinen Schulden so fest ein, dass er jede Handlungsfähigkeit verliert. Aber Waigel sprach eben nur von Haushaltskonsolidierung; Eichel tut dagegen tatsächlich, was er sagt.

Nach wie vor bleibt es Eichels größter Verdienst, diese Wende in der deutschen Finanzpolitik im Bewusstsein der Öffentlichkeit durchgesetzt und in Ansätzen sogar populär gemacht zu haben. Waigel wollte das vielleicht auch, aber er konnte es nicht. Die 90er Jahre, als der CSU-Politiker die deutsche Finanzpolitik zu gestalten hatte, waren das wachstumsschwächste Jahrzehnt in der deutschen Nachkriegszeit. Um jährlich 1,5 Prozent wuchs die Wirtschaft damals im Schnitt. Heute sind es drei Prozent. Waigel musste Jahr für Jahr die Schätzungen über Steuereinnahmen nach unten korrigieren und immer wieder neue Haushaltslöcher stopfen. Eichel kann heute über immer stärker sprudelnde Steuerquellen berichten. Deshalb kann das Konzept zur Haushaltskonsolidierung, das bereits unter Waigel entwickelt wurde, unter dem Sozialdemokraten Eichel Wirklichkeit werden.

Mit dem für den Bundeshaushalt zuständigen Staatssekretär Manfred Overhaus zeigt sich die Kontinuität dieser Politik auch in einer Person. Overhaus plante schon für Waigel, jetzt plant er für Eichel. Das anhaltende Wirtschaftswachstum und die langsam sinkende Arbeitslosigkeit helfen dem Finanzminister auch im neuen Haushaltsentwurf für 2001, die Risiken auf der Ausgabenseite aufzufangen. Mindestens 2,1 Milliarden Mark dürfte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die bisherige Berechnung des Arbeitslosen- und Krankengeldes in Teilen für verfassungswidrig erklärt, den Bund kosten. Die von den Arbeitnehmern gezahlten Sozialversicherungsbeiträge auf Weihnachts- und Urlaubsgeld müssen bei der Berechnung von Arbeitslosen- und Krankengeld berücksichtigt werden - oder sie müssen entfallen. Waigel hätte diese Lücke im Zweifelsfall mit neuen Schulden stopfen müssen. Eichel braucht das nicht. Die Zeiten für einen Finanzminister in Deutschland sind so gut wie lange nicht.

Dabei bleibt Eichel vorsichtig. Das Verfassungsgericht lässt der Bundesregierung offen, wie sie auf das Urteil zu den Einmalzahlungen reagiert: Entweder das Arbeitslosengeld steigt, oder die Beiträge auf Weihnachts- und Urlaubsgeld fallen weg. Variante eins kostet 2,1 Milliarden Mark, Variante zwei wäre dagegen richtig teuer. Keine Frage also, wofür Sparminister Eichel und Sozialminister Walter Riester sich entscheiden.

Variante eins: Sie erhöhen die Leistungen. Dabei wollen beide doch die Beitragslast abbauen und die Lohnnebenkosten senken, auch damit die Bürger aus dem Weihnachtsgeld und anderen Extra-Einkommen vielleicht einen Teil für die geplante zusätzliche private Altersvorsorge abzwacken.

Da ist Eichel dann doch ein wenig wie Waigel. Bloß nichts übereilen bei der Entlastung, sichere Einnahmen gehen vor. In der Politik gibt es am Ende mehr Kontinuität, als es den Anschein hat.

Carsten Germis

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