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Haushalt 2010: Opposition geißelt "finanzpolitische Geisterfahrt" der Regierung

80 Milliarden Euro Neuverschuldung – das ist Schuldenrekord. Finanzminister Schäuble hat den Haushaltsplan der Regierung verteidigt und einen harten Sparplan für 2011 angekündigt. Der Opposition ist das nicht konkret genug.

Bereits Anfang März, als die Fraktionen die Haushaltspläne der schwarz-gelben Koalition beschlossen haben, stand der Schuldenrekord fest: Deutschland wird sich 2010 bei Gesamtausgaben von 320 Milliarden Euro in Höhe von 80,2 Milliarden Euro neu verschulden. Nun berät der Bundestag abschließend über den Etatentwurf. Am Freitag soll er dann endgültig verabschiedet werden.

Zum Auftakt der Debatte verteidigte Finanzminister Wolfgang Schäuble die Haushaltspläne der Regierung nochmals und bekräftigte zugleich den Willen der Koalition zu einem strikten Sparkurs. Die Neuverschuldung müsse in den kommenden Jahren wieder konsequent gesenkt werden. "Das werden wir auch tun", sagte Schäuble und sprach sich erneut für einen allmählichen Ausstieg aus den staatlichen Anti-Krisenpaketen aus.

Bisher sind die Ministerien den Sparvorgaben des CDU-Politikers aber nicht gefolgt. Sie haben für 2011 deutlich mehr Ausgaben angemeldet. Die zusätzlichen Ausgabenwünsche sollen sich nach offiziell nicht bestätigten Informationen auf bis zu zehn Milliarden Euro belaufen. Nach einem Bericht der Rheinischen Post ließen dabei vor allem die Minister Rainer Brüderle (FDP, Wirtschaft), Philipp Rösler (FDP, Gesundheit), Norbert Röttgen (CDU, Umwelt) und Peter Ramsauer (CSU, Verkehr) jeglichen Sparwillen vermissen. Allein Umweltminister Röttgen fordere 20 Prozent mehr Geld als bisher in seinem Etat vorgesehen.

Die Opposition warf der Koalition eine finanzpolitische Geisterfahrt, Orientierungslosigkeit sowie ein fehlendes Zukunftsprogramm vor. Die Koalition lasse Schäuble beim angestrebten Sparkurs im Regen stehen. Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider kritisierte, Schwarz-Gelb verweigere nach wie vor Angaben zum künftigen Sparkurs. Es gebe keine Antworten darauf, wie diese Herkulesaufgabe bewältigt werden könne. Dabei wäre es Aufgabe der Bundesregierung, reinen Wein einzuschenken. Statt die Sanierung der Staatsfinanzen anzugehen, betrieben Union und FDP Klientelpolitik und bewusste Wählertäuschung.

Auch der Grünen-Haushaltsexperte Alexander Bonde monierte, dass die Koalition nichts darüber sage, wie es ab 2011 weitergehe. "Da gibt es keinerlei Vorbereitungen." Statt zu sparen, hätten die Ministerien für 2011 weitere Mehrausgaben angemeldet. "Diese Koalition kann es nicht." Die Verschuldung habe eine Dimension angenommen, die diese Republik noch nicht erlebt habe. Die Koalition verschweige, dass dies nicht das Ende der Fahnenstange sei. Wenn die Koalition ehrlich wäre, müsste sie zugeben, dass die Neuverschuldung auf bis zu 120 Milliarden Euro klettern werde.

Gesine Lötzsch von den Linken fasste den schwarz-gelben Etat mit dem Satz zusammen: "Er ist gut für Spekulanten und schlecht für Arbeitslose." Die Bundesregierung habe es versäumt, die Verursacher der Finanz- und Wirtschaftskrise zur Kasse zu bitten und an den Kosten zu beteiligen. "Das ist ungerecht." Außer Ankündigungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei bisher nichts passiert.

Union und FDP wiesen die Vorwürfe zurück. Norbert Barthle von der CDU nannte den Etat 2010 ein "Gesamtkunstwerk". So würden Wachstumsimpulse gesetzt. Die Rekord-Neuverschuldung sei Folge der Krise. Sie falle aber niedriger aus als ursprünglich geplant. "Die Koalition zeigt, dass sie in der Lage ist zu sparen."

Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Otto Fricke sagte: "Ja, wir haben eine Rekordverschuldung." Aber bei jeder anderen Regierung wäre dies ebenfalls der Fall gewesen. Er räumte ein, dass die niedrigere Neuverschuldung auch Folge einer besseren Konjunktur ist. "Die Frage ist aber, was man daraus macht." Die Koalition habe erste Schritte beim Sparen und in Richtung der Schuldenbremse gemacht. In 310 Änderungsanträgen seien Ausgaben um 5,9 Milliarden Euro gesenkt worden. "Wir werden weiter machen."

Die Neuverschuldung für das laufende Jahr ist doppelt so hoch wie der bisherige Schuldenrekord aus dem Jahr 1996. Die Kreditaufnahme des Bundes fällt aber um rund 5,6 Milliarden Euro niedriger aus als von Schäuble ursprünglich geplant. Einschließlich der Kosten aus dem Konjunkturpaket II und dem staatlichen Bankenrettungsfonds könnte die Neuverschuldung des Bundes aber auch auf 100 Milliarden Euro steigen.

Begründet werden die hohen Schulden mit den Kosten der Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Auswirkungen der Krise werden vor allem bei den Mehrkosten für Arbeitslosigkeit deutlich. Zugleich sind wegen der Wirtschaftsschwäche die Steuereinnahmen gesunken. Welchen Kurs die Regierung zur Krisenbekämpfung einschlägt, wird sich an diesem Mittwoch in der Generaldebatte über den Etat des Kanzleramtes zeigen. Traditionell nutzt die Opposition die Gelegenheit zu einer harschen Abrechnung mit der Politik der Regierungsmehrheit.

Parallel laufen die Finanzplanung bis 2014 und der Etatentwurf 2011. Diese sollen bis zur Sommerpause vorliegen. Spätestens dann muss Schäuble erklären, wie er die Schuldenbremse einhalten, das Staatsdefizit senken, weitere Milliarden-Steuersenkungen finanzieren und eine Kopfpauschale in der gesetzlichen Krankenversicherung finanzieren will. Allein, um die Schuldenbremse zu erfüllen, muss er jährlich zehn Milliarden Euro sparen.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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