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Haushalts-Defizit: Deutschland bekommt eine längere Schonfrist

Die EU-Kommission hat die Defizit-Schonfrist für den Schuldensünder Deutschland erneut verlängert. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück rechnet erst im März mit EU-Vorschlag zum Fortgang des Defizit-Verfahrens.

Brüssel - EU-Währungskommissar Joaquín Almunia hatte seine Empfehlung bisher für Anfang Februar angekündigt, nachdem sie ursprünglich schon vor Weihnachten 2005 kommen sollte. Ob die Kommission ihre Drohung einer Verfahrens-Verschärfung in Richtung von Sanktionen wahrmacht, blieb offen.

Die obersten Kassenhüter der Union einigten sich nicht auf verminderte Mehrwertsteuersätze in Dienstleistungsbranchen. Polen, Tschechien und Zypern blockierten einen Kompromiss der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. Deutschland und Dänemark hatten sich zuvor bewegt: Sie gaben ihren Widerstand gegen die Verlängerung verminderter Sätze für arbeitsintensive Dienstleistungen wie Hausreparaturen oder Frisiersalons bis 2010 auf.

"Die Gespräche gehen weiter", sagte Steinbrück zum Defizit-Streit. "Kommission und Bundesregierung stimmen überein, dass der Stabilitätspakt gestärkt und nicht relativiert wird." Die Bundesregierung sei nicht an einer Eskalation interessiert. Almunia hatte eine Verschärfung der Prozedur in Aussicht gestellt, falls Berlin - wie angekündigt - erst 2007 den Euro-Stabilitätspakt wieder einhalten will. Es drohen in letzter Konsequenz Geldbußen von etwa 10 Milliarden Euro.

Angesichts einer Neuverschuldung, die 2005 mit 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts niedriger ausfiel als erwartet, gebe es die Erwartung der Kommission und anderer EU-Partner an Deutschland, schon 2006 wieder den Euro-Stabilitätspakt einzuhalten. "Das wird sehr schwer", sagte Steinbrück. Deutschland hatte bereit zugesichert, nach jahrelangen Verstößen den Pakt im kommenden Jahr wieder einzuhalten. Die Strafprozedur ruht seit gut zwei Jahren.

Die Ressortchefs eröffneten ein Strafverfahren gegen das nicht zur Euro-Zone gehörende Großbritannien. London muss nach wiederholtem Überschreiten der Maastrichter Defizitmarke von drei Prozent nun kräftig sparen.

Im Streit um die Mehrwertsteuer gibt es erheblichen Druck für eine Einigung, da die Steuer-Ausnahmen bereits Ende 2005 ausliefen und derzeit also gegen EU-Recht verstoßen. Die EU-Kommission könnte wegen dieser Verstöße rechtlich gegen die betroffenen Mitgliedstaaten vorgehen.

Steinbrück sagte nach siebenstündigen Verhandlungen: "22 Mitgliedstaaten haben eine Einigung gefunden." Polen, Tschechien und Zypern wollten bis Ende dieser Woche herausfinden, ob sie den Kompromiss mittragen können. Frankreichs und Belgiens Forderung nach einer neuen Steuerausnahme für Restaurants und Hotels ist in dem Papier nicht enthalten.

Warschau und Prag forderten laut Diplomaten permanente Ausnahmeregelungen - entgegen Festlegungen in ihren Beitrittsverträgen zur EU. Das betrifft unter anderem den Verkauf von Schulbüchern und den Bau und das Heizen von Wohnungen. (tso/dpa)

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