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Gesine Lötzsch, Ex-Vorsitzenden der Linkspartei

© dpa

Haushaltsausschuss im Bundestag: Streit um Spitzenposten für Linke Gesine Lötzsch

Der Vorsitz des Haushaltsausschusses steht traditionell der größten Oppositionsfraktion zu – im Fall von Gesine Lötzsch, der Ex-Vorsitzenden der Linkspartei, wird nun dennoch gezankt.

Von Matthias Meisner

Die Frage war zu erwarten, früher oder später: Die Linke hat im neuen Bundestag als größte Oppositionspartei das Vorschlagsrecht für den Vorsitz im Haushaltsausschuss. Aber muss ausgerechnet Gesine Lötzsch den Posten haben, die Ex-Vorsitzende der Linkspartei? In Erinnerung geblieben ist sie vielen mit ihrem Aufsatz über „Wege zum Kommunismus“ und kruden Äußerungen zur Vorgeschichte des Mauerbaus. Doch die Linksfraktion pocht darauf, dass ihre ausgewiesene Haushaltspolitikerin den Job übernimmt. Selbst wenn sie als Parteichefin keine besonders gute Figur machte.

Die „Leipziger Volkszeitung“ fand eine Reihe von Abgeordneten von Union, SPD und Grünen, die Lötzsch als Ausschusschefin verhindern wollen. Die Linken-Politikerin würde Kräfte unterstützen, „die das Unrecht des DDR-Regimes verleugnen oder verharmlosen“. Weiter ist die Rede davon, dass Lötzsch „Geschichtsrevisionismus zu Lasten der Opfer der SED-Diktatur“ betreibe und „die freiheitlich-demokratische Grundordnung überwinden“ wolle. Dem Blatt zufolge wollen die Politiker eine interfraktionelle Initiative starten, mit der sie von der Linken – deren Vorschlagsrecht sie nicht infrage stellen – eine andere Besetzung fordern. Zu den Initiatoren gehören demnach die CDU-Abgeordneten Klaus-Peter Willsch, Marian Wendt und Thomas Feist, außerdem die Grünen-Politiker Stephan Kühn und Monika Lazar. Der SPD-Abgeordnete Wolfgang Tiefensee, früherer Oberbürgermeister von Leipzig, wird mit den Worten zitiert, die Personalie Lötzsch „verdeutlicht das Dilemma der nicht unproblematischen Öffnung der SPD zur Linkspartei“.

Führung der Linksfraktion beharrt auf dem Vorsitz

Die Linke denkt jedoch nicht daran, von ihrem geplanten Personalvorschlag abzurücken. Parlamentsgeschäftsführerin Petra Sitte sagte dem Tagesspiegel, mit der Nicht-Wahl des damaligen Linke-Chefs Lothar Bisky zum Bundestagsvizepräsidenten habe sich die Bundestagsmehrheit nach der Wahl 2005 „schon einmal ein politisches Armutszeugnis ausgestellt“. Über Lötzschs politische Auffassungen könne man sich auseinandersetzen, „aber nicht – mal wieder – durch Ausgrenzung der Linkspartei“. Sitte sprach von einem „undemokratischen Akt“ gegen die in Berlin-Lichtenberg direkt gewählte Abgeordnete. Der Parteivorsitzende Bernd Riexinger schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: „Da wollen also einige eine demokratisch gewählte Demokratin an der Spitze des Haushaltsausschusses verhindern. Das ist unanständig.“ Fraktionsvize Dietmar Bartsch, wie Lötzsch Haushälter der Linken, nennt seine Kollegin „kompetent und geachtet“. Er sagte dem Tagesspiegel: „Das Geschrei von Hinterbänklern wird hoffentlich keine Auswirkungen auf die Entscheidung der Mehrheit im Haushaltsausschuss haben." Bartsch selbst wollte den Ausschussvorsitz übrigens nicht haben, wie er sagt. Lötzsch selbst erklärte dem Portal "heute.de": "Es ist guter und demokratischer und parlamentarischer Brauch, dass die größte Oppositionsfraktion den Vorsitz des Haushaltsausschusses erhält."

Union will den Umgang mit der "linksradikalen" Partei diskutieren

Ob die Kritiker Erfolg haben, ist fraglich. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte dem Tagesspiegel: „Den Vorsitz im Haushaltsausschuss zu beanspruchen ist traditionell das Recht der stärksten Oppositionsfraktion. Dies gilt auch in dieser Legislaturperiode. Wer den Vorsitz übernimmt, entscheidet die Fraktion Die Linke und bestimmt dafür ein Mitglied ihrer Fraktion. Gesine Lötzsch gehört dazu.“ Auch Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD, will nicht, dass mit der parlamentarischen Tradition gebrochen wird: „Ich schätze Gesine Lötzsch. Sie ist eine gute Kollegin.“

Spannend wird die Diskussion in der Union, die noch nicht abschließend entschieden hat. Was die Qualifikation von Lötzsch als Haushälterin angeht, hat ihr CDU-Kollege Norbert Barthle keine Bedenken. "Ich schätze sie als erfahrene und kompente Haushälterin", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion dem Tagesspiegel. Es gebe zwar "gute Gründe", dass die größte Oppositionsfraktion den Vorsitz des Haushaltsausschusses stelle, schließlich sei dieser Ausschuss die "Kontrollinstanz der Regierung".

Heikel könnte die Besetzung des Ausschussvorsitzes mit einem Linken-Politiker nach seinen Worten dennoch werden, denn bisher hat sich die CDU/CSU im Bundestag gemeinsame Initiativen mit der von ihr als radikal verorteten Linken selbst versagt. "Innerhalb der CDU/CSU muss geklärt werden, ob wir unseren Umgang mit der Linken verändern", erläutert Barthle. Bleibe es bei der bisherigen Form des Umgangs, wäre ein von den Linken geführter Haushaltsausschuss "nicht unproblematisch".

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