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Haushaltsdebatte: Haushaltsdebatte: Peinlichkeiten für alle

Neben dem Haushalt debattierte der Bundestag über Steuergeschenke für Hoteliers – und deren Spenden.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Dass ein Finanzminister seinen ersten Bundeshaushalt nur finanzieren kann, weil er sage und schreibe fast 86 Milliarden Euro Schulden aufnimmt, ist auch für den Deutschen Bundestag ein Novum. Und trotzdem schien der erste schwarz-gelbe Etat, den Wolfgang Schäuble (CDU) an diesem Dienstag in die parlamentarische Debatte einbrachte, im Plenum irgendwie nur eine Nebenrolle zu spielen.

Denn auf weitaus mehr Interesse stieß bei den Abgeordneten aller Fraktionen zunächst ein Geschäftsordnungsantrag in Sachen „Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Übernachtungen“, den die Grünen eilig am Abend zuvor gestellt hatten. Und zwar „fristgemäß“, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert ein wenig keck anmerkte. Was nur versteht, wer weiß, dass CDU-Mitglied Lammert dem Gesetz, mit dem seine schwarz-gelbe Koalition ab 1. Januar 2010 Hotels und Pensionen zu einer Milliarden-Steuersubvention verholfen hat, Ende Dezember erst nach einer persönlichen Erklärung (heißt: nur unter Protest) zur Mehrwertsteuer-Sache zugestimmt hat.

Die Grünen jedenfalls haben beantragt, die Steuersubvention für die Hotellerie rückgängig zu machen. Weil sie den Steuerzahler jährlich mehr als eine Milliarde koste, „bürokratisch und unsinnig“ sei, wie Grünen-Geschäftsführer Volker Beck begründete. Ja, und natürlich auch (und vielleicht sogar vor allem), weil die Öffentlichkeit seit dem Wochenende weiß, dass August von Finck, einer der größten Hotelketten-Mitinhaber, der FDP insgesamt mehr als eine Million Euro und auch der CSU ein wenig gespendet hat. Was für sich betrachtet „durchaus legal sein mag“, wie Beck zugab. Allerdings zusammen mit der Mehrwertsteuersenkung ein Gschmäckle hat, und daher „noch lange nicht in Ordnung“ sei. Johlender Beifall der Opposition. Kanzlerin und ihr Vize Guido Westerwelle, es war kurz nach zehn Uhr morgens, etwas betreten auf ihre Schreibtische blickend.

Um es kurz zu machen: Der Grünen-Antrag brachte 20 spannungsreiche Minuten im Plenum – wurde dann aber abgeschmettert. Und das, obwohl auch SPD-Mann Thomas Oppermann sich sichtlich mühte, die Steuersenkung als Klientelgeschenk zu diffamieren, von FDP und CSU lautstark verlangte, sie mögen aus Gründen der demokratischen Hygiene die Finck-Spenden zurückzahlen und Angela Merkel zu guter Letzt sogar persönlich in Haftung zu nehmen versuchte: „Bimbes-Politik“ sei der Anfang ihres Aufstiegs gewesen, rief Oppermann, „Bimbes-Politik“ werde auch der „Anfang vom Abstieg“ werden.

Zu diesem Zeitpunkt (halb elf Uhr) allerdings hatten SPD, Grüne und Linke den rhetorischen Kampf längst verloren, Angela Merkel mehrfach schallend gelacht und sich auf die Oberschenkel geschlagen und Nebenmann Westerwelle triumphierend den Daumen in Richtung seiner FDP nach oben gehalten. Der Grund: Keine einzige der im Bundestag vertretenen Parteien hat in den vergangenen Jahren nicht auf die eine oder andere Weise der Versuchung widerstanden, sich bei den vielen Gastronomen und Hoteliers im Land durch eine Forderung nach Senkung der Umsatzsteuer beliebt zu machen. Ganz direkt im Bundestags-Wahlprogramm: die Linken. In allerlei tourismuspolitischen Leitlinien und bayerischen Landtagsinitiativen: Grüne und SPD. Trockener Stimme, aber mit süffisantem Unterton, trug FDP-Mann Jörg van Essen die Ansammlung vor. Gröhlender Applaus bei FDP und Union, betretenes Schweigen in der Opposition. Norbert Lammert: Der Antrag der Grünen, über die Rücknahme der Umsatzsteuersenkung zu debattieren, „ist mit der Mehrheit der Stimmen abgewiesen“. Wobei eines unbedingt in der Sache nachgetragen werden muss. FDP-Fraktionsschefin Birgit Homburger ließ wenig später wissen, sie dränge nun auf die im Koalitionsvertrag bereits vereinbarte Einsetzung einer Kommission, die den gesamten Bereich der Umsatzsteuersubventionen durchforstet und lichtet – auch bei den Hoteliers.

Wolfgang Schäuble bat später, den Haushalt 2010 als ein Mittel zur Bekämpfung der schlimmen Wirtschaftskrise zu sehen, weil er den ausbleibenden Einnahmen und steigenden Ausgaben nicht hinterherspart. Was dann – wegen der Schuldenbremse – ab 2011 nachgeholt werden soll. Worüber er, was bei Opposition und FDP mit großem Interesse wahrgenommen wurde, kein einziges Wort verlor: die ab 2011 geplante Steuersenkung.

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