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Trumps Gegenspieler im Budgetstreit: Paul Ryan, der republikanische "Speaker" des Repräsentantenhauses.

© Carlos Barria / Reuters

Haushaltsentwurf des US-Präsidenten: Donald Trump und der Kampf der Ideologien

Der Plan des Präsidenten, mehr Geld fürs Militär auszugeben, löst Widerspruch in den USA und Deutschland aus. Dahinter stecken gegensätzliche Weltbilder. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Als Macher hat sich Donald Trump den Wählern vorgestellt. Als einer, der nicht nur rumschwätzt, sondern handelt. Und der bereit ist, die harten Entscheidungen zu treffen, statt ihnen aus dem Weg zu gehen, wie das die herkömmlichen Politiker gern tun, jedenfalls laut Trump.

Ein erster Praxistest: Trumps Rede vor dem Kongress

Jetzt kommt der Praxistest. Heute Abend (Ortszeit) spricht der Präsident im Kongress über den Staatshaushalt und die Reformpläne. Ein Budgetentwurf zeigt die Prioritätenliste des Regierungschefs. Er liefert auch einen Maßstab, ob das Versprechen der harten Entscheidungen glaubhaft oder nur ein leeres Wort ist. Welche Ausgaben steigen und wo wird gekürzt - präziser: wird überhaupt gekürzt, um die Steigerungen für andere Ziele auszugleichen?

Nach diesem Maßstab bleibt Trump den Beleg für seine Selbstdarstellung als harter Macher schuldig. Die Militärausgaben sollen um 54 Milliarden Dollar steigen. Wie und wo er diese Summe einsparen will, ist schleierhaft. Die Hinweise, er werde bei der Umweltschutzbehörde und Hilfsprogrammen im Ausland kürzen, sind keine seriöse Antwort. Und dabei ist noch nicht eingerechnet, dass Trump neben der Erhöhung der Militärausgaben eine Senkung der Steuersätze plant - was nach aller Erfahrung zu niedrigerem Aufkommen in den Staatskassen führt, also die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben vergrößert.

Im Widerspruch zu Deutschland

Dieser Kurs bringt Trump in Widerspruch zu seiner Partei und in Widerspruch zu Verbündeten wie Deutschland. Letzteres wird er verschmerzen. Seine Wiederwahl hängt nicht von den Deutschen ab, die wählen in den USA nicht mit. Im Konflikt um die angemessene Höhe der Militärausgaben zeigen sich aber erneut die prinzipiellen Unterschiede in der politischen Kultur: Mehr Geld für die Soldaten trifft in den USA auf prinzipielle Zustimmung, in Deutschland auf prinzipielle Ablehnung.

Die realen Notwendigkeiten sind gerade umgekehrt. Die USA könnten weniger Geld für Verteidigung ausgeben und würden dennoch ihre weltweite Dominanz behalten. Die Deutschen müssten kräftig erhöhen, um den Beitrag zum Bündnis zu leisten, der sich aus ihrer Stellung als viertgrößter Wirtschaftsmacht der Erde ableitet.

Die Nato-Mitglieder haben sich in den zweieinhalb Jahrzehnten seit Ende des Kalten Krieg mehrfach darauf geeinigt, dass jedes Land zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgibt. Die USA übererfüllen das. Die Deutschen liegen bei gut der Hälfte dessen, was sie tun müssten. Das ist einer der Gründe, warum ein Gutteil der Militärjets nicht fliegt, ein Gutteil der Panzer nicht fährt und manche Soldaten nicht mal Waffen und Gerät zum Üben haben.

Der ewige Friede lässt auf sich warten

Inzwischen ist freilich offenkundig, dass mit dem Fall der Berliner Mauer kein ewiger Friede ausgebrochen ist. Wladimir Putin hält Krieg für ein praktikables Mittel seiner Politik. Also wächst auch in Deutschland die Bereitschaft, mehr fürs Militär zu tun. Vielleicht wird auch mehr Bürgern bewusst, dass unser Wohlstand zum Großteil von unserer Exportstärke abhängt und vom ungehinderten Warenverkehr über die Meere, durch die Luft und auf dem Landweg - vulgo: von Frieden und Stabilität.

Die Große Koalition hat jedenfalls gemeinsam beschlossen, dass Deutschlands Verteidigungsbudget kontinuierlich steigen soll und unser Land nicht schnell, aber immerhin in den nächsten sieben, acht Jahren von den derzeit 1,2 Prozent BIP auf die schon lange zugesagten zwei Prozent kommen will. Es wird spannend sein, zu beobachten, ob der Verteidigungshaushalt zum Wahlkampfthema wird - was im Klartext bedeutet: ob die SPD sich traut, Wahlkampf gegen ihre eigenen Regierungsbeschlüsse zu führen. Und ob sie damit Erfolg hat.

Im Widerspruch zu den Republikanern

Wichtiger für Trump sind freilich die Widersprüche in den USA. Eine Erhöhung der Militärausgaben gehört zu den Wahlkampfschlagern der Republikaner. Aber ebenso das Versprechen, das Staatsbudget auszugleichen und keine neuen Schulden zu machen. Ihre Abgeordneten im Kongress erwarten von Trump Finanzdisziplin. Mehr Geld für Verteidigung ja, sofern er anderswo entsprechend kürzt. Die Republikaner wollen an die anderen beiden großen Ausgabenblöcke neben dem Militär ran: die Grundrente ("Social Security") und die staatliche Gesundheitsversorgung der Senioren ("Medicare"). Die Ausgaben dafür steigen rasant. Wenn sich die Dynamik nicht ändert, ist der Sozialstaat auch in den USA demnächst Pleite.

Auch das tangiert das wechselseitige Bild voneinander. In Deutschland ist immer mal wieder das Märchen zu hören, die USA seien kein Sozialstaat. Das ist falsch. Sie haben nur einen anderen Sozialstaat. In den Lebensjahren, in denen die US-Bürger arbeitsfähig sind, sind sie mehr auf sich gestellt und können weniger vom Staat erwarten als in Deutschland. Ab Renteneintritt ist der Staat für sie verantwortlich. Da entwickelt sich ein Generationenkonflikt in den USA.

Der Kongress nickt Trumps Pläne nicht einfach ab

Trump kann jedenfalls nicht darauf rechnen, dass der Kongress seine Budgetpläne einfach so absegnet. Der Präsident macht nur einen Entwurf. Das Budgetrecht liegt beim Parlament. Der Realitätstest, was Trump in den USA verändern wird, hat gerade erst begonnen.

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