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Haushaltskrise: Generalstreik legt Griechenland lahm

Aus Protest gegen das drastische Sparprogramm der griechischen Regierung haben die beiden großen Gewerkschaften GSEE und ADEDY das öffentliche Leben in Griechenland erneut mit Streiks lahmgelegt. In den großen Verbänden sind fast alle Gewerkschaftsmitglieder organisiert.

Bei Protesten in Athen kam es zu Auseinandersetzungen zwischen jungen Demonstranten und der Polizei. Jugendliche warfen Molotow-Cocktails und Wurfgeschosse auf die Polizisten, die das Parlament in der griechischen Hauptstadt bewachten. Die Beamten setzten ihrerseits Tränengas ein. Die Jugendlichen zerschlugen auch rund ein Dutzend Schaufensterscheiben. Die maskierten Demonstranten hatten sich an die Spitze der Demonstration gesetzt, die von den Gewerkschaften organisiert worden war.

Noch am Dienstag war der Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou in Washington in bester Atmosphäre verlaufen: Selten hätten sich ein griechischer Premier und ein US-Präsident auf Anhieb so gut verstanden, sagen altgediente Diplomaten nach dem Gespräch im Weißen Haus. Was auch daran liegen dürfte, dass sich der in den USA geborene und aufgewachsene Papandreou in Washington nicht fremd fühlt und entsprechend selbstsicher auftreten kann. Papandreou brachte ein Geschenk mit zurück nach Athen, auf das die Griechen seit Jahren ungeduldig warten: Sie dürfen künftig ohne Visum in die USA reisen.

Papandreou kehrte in die eher bedrückende Realität Griechenlands zurück: ein Land im Schuldenstrudel, gelähmt von Streiks und Protesten. Nicht nur die Kreditwürdigkeit Griechenlands an den Finanzmärkten hat gelitten, auch das politische Ansehen des Landes, das jahrelang mit geschönten Haushaltszahlen seine Finanzmisere zu vertuschen versuchte, ist ramponiert. Das außenpolitische Gewicht eines Landes bemisst sich nicht zuletzt an seiner Wirtschaftskraft – gerät Griechenland deshalb jetzt in die Defensive, zum Beispiel gegenüber dem schwierigen Nachbarn Türkei?

Nicht wenn es nach Papandreou geht. Nachdem die Besuche des Premiers in Luxemburg, Paris, Berlin und Washington noch ganz im Zeichen der Schuldenkrise standen, wolle sich Papandreou jetzt wieder stärker seinem eigentlichen Lieblingsgebiet widmen, der Diplomatie, heißt es in der Umgebung des Premiers, der in Personalunion auch Außenminister ist. Ganz oben auf der Tagesordnung steht das Verhältnis zum „Erbfeind“ Türkei. Papandreou hatte bereits in den Jahren 1999 bis 2004 als Außenminister auf eine Annäherung der beiden Länder hingearbeitet. Die eigentlichen Streitfragen wie die Kontroverse um die Hoheitsrechte in der Ägäis oder die griechische Militärpräsenz auf einigen ostägäischen Inseln sind allerdings immer noch ungelöst. Das gilt auch für den Zypernkonflikt, ohne dessen Beilegung eine griechisch-türkische Annäherung immer nur Stückwerk bleiben wird.

Die Voraussetzungen für Fortschritte im Entspannungsprozess sind dennoch besser als je zuvor: Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan weiß, dass die Zypernfrage die größte Hürde auf dem Weg seines Landes in die EU ist. Fachleute schätzen: Wenn die „türkische Bedrohung“ entfällt, könnte das Land bei den Rüstungsausgaben mehrere Milliarden Euro einsparen – Geld, das der Athener Finanzminister dringend braucht.mit AFP

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