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Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD).

© dpa

Heiko Maas: Mensch, Minister

Politiker haben ein Privatleben wie wir – das ist gut zu wissen. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Arno Makowsky

Ja, es ist Liebe! Bittere Stunden für Corinna, Ehefrau von Bundesjustizminister Heiko Maas (49): Der Hobby-Triathlet mit den perfekt sitzenden Maßanzügen beichtete eine heimliche Affäre! Es knistert heftig zwischen einer prominenten Schauspielerin und dem Hoffnungsträger von der SPD. Wieder ein Eheglück zerbrochen …
Halt, stopp – Ende der Satire! Wir sind nicht beim „Goldenen Blatt“ und auch nicht bei der „Bunten“. Und doch beschäftigen wir uns heute ausnahmsweise mal mit dem Privatleben von Politikern. Denn die Nachrichten – gute wie schlechte – aus dem Innersten der Politik reißen nicht ab. Vor der Affäre des Justizministers mussten wir bereits die Trennung von Arbeitsministerin Andrea Nahles von Ehemann Marcus Frings miterleben, inklusive der Information, dass Tochter Ella Marie (5) nun überwiegend beim Vater leben wird. Auch Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping und Christina Gräfin Pilati erlebten ihr „Liebes-Aus“, wie das in der Terminologie von „Bild“ stets heißt. Auf der anderen Seite: Happy News von Familienministerin Manuela Schwesig. Sie freut sich aufs zweite Baby, Ehemann Stefan bereitet sich schon auf die Elternzeit vor.

Die Zeit der grauen Apparatschiks ist vorbei

Wollen wir das alles wissen? Na klar! Sicher, Politiker sind keine besseren und keine schlechteren Menschen als alle anderen auch. Sie sind verheiratet, sie haben Eheprobleme, sie sind glücklich, sie trennen sich, sie haben Affären, sie bekommen Kinder. Insofern kann man die Nachricht, dass eine Ministerin schwanger ist, langweilig oder belanglos finden. Andererseits handelt es sich bei Politikern nun einmal nicht um irgendeine Berufsgruppe wie Industriekaufleute oder Orthopäden. Es sind die Menschen, die Gesetze beschließen, für die Zukunft des Landes mitverantwortlich sind. Zum Beispiel beschließen sie Reformen des Scheidungsrechts, entscheiden über die Höhe des Kindergeldes. Da kann es doch nicht schaden, wenn sie in den Augen der Wähler ein bisschen plastischer werden. Warum? Weil Politik nicht im sterilen Hyperraum der Ausschüsse und Argumentationsfabriken entsteht. Sondern von Menschen gemacht wird, die klug, dumm, fröhlich, wütend und glücklich sind. Je mehr Politiker selbst vom Leben verstehen, je mehr Erfahrungen sie in ihre Entscheidungen einfließen lassen, desto realitätsnäher kann Politik werden. Die Zeit der grauen Apparatschiks ist vorbei.

Politiker als echte Menschen mit einem Privatleben – so lange gibt es das ja noch nicht. In der Bonner Republik waren die ehelichen und außerehelichen Befindlichkeiten der männerdominierten Bundespolitik kein Thema für die Öffentlichkeit, Journalisten hielten sich an einen speziellen Kodex (sprich: über Affären wurde nicht geschrieben), Kinder kamen nicht vor.
Es dauerte tatsächlich bis 2009, dass der Bundestag erstmals eines leibhaftigen Babys ansichtig wurde. Die FDP-Politikerin Judith Skudelny brachte ihre vier Monate alte Tochter mit. Unerhört – die Saaldiener verweigerten ihr zunächst den Zutritt. Erst nach dem Einschreiten des damaligen Außenministers Guido Westerwelle durfte das Kind mit ins Plenum.
Kann es sein, dass die Berufspolitik in puncto modernes Leben der übrigen Gesellschaft hinterherhinkt? So haben Minister und Abgeordnete beispielsweise kein Recht auf Elternzeit. Auch deshalb kehrt Manuela Schwesig nach dem Mutterschutz sofort wieder ins Amt zurück. Und Sigmar Gabriel, der versucht, einmal die Woche seine Tochter Marie von der Kita in Goslar abzuholen, fing sich deshalb eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Ein Mitarbeiter der Bundesverwaltung war der Ansicht, der Minister vernachlässige seine Dienstpflichten.

In der öffentlichen Wahrnehmung spielt es mittlerweile eine wichtige Rolle, ob und wie Politiker sich den Erfordernissen des Alltags stellen. Wobei durchaus akzeptiert wird, dass für das Spitzenpersonal eigene Regeln gelten. Niemand verlangt vom Außenminister, dass er jeden Abend zuhause bei der Familie verbringt. Und die Bemühungen des SPD-Vorsitzenden Gabriel, sich als guter Vater zu inszenieren, stießen auf viel Häme und Kritik. Ganz normale Abgeordnete hingegen halten ihre Wähler und Anhänger mittlerweile praktisch stündlich mit privaten Botschaften auf Facebook und Twitter auf dem Laufenden. Auch die Schlagzeilen über Heiko Maas und seine angebliche Affäre werden nicht abreißen. Für Maas ist das nicht schön, seinen Wählern kommt er dadurch näher. Der Mann ist Justizminister, aber kein perfekter Mensch.

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