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Politik: Heile mit Weile

Der Pflichtbesuch beim Hausarzt spaltet die Mediziner

Am lautesten polterten die Hautärzte. Wenn Kranke wie von der Gesundheitsministerin geplant vor jedem Facharztbesuch erst zum Hausarzt gehen müssten, warnte die Deutsche Dermatologische Gesellschaft, könne dies lebensgefährlich sein. Hausärzte seien oft nicht in der Lage, bösartigen Hautkrebs zu diagnostizieren. Generalsekretär Harald Gollnick: „Man könnte Frau Schmidt fast vorwerfen, sie nehme den Tod von einigen tausend Patienten in Kauf.“

Der Allgemeinmediziner als Gesundheitsrisiko? Der Zorn der Hausärzte richtet sich vor allem gegen die eigene Standesvertretung. „Deren Aufgabe wäre es, solcher Verunglimpfung Einhalt zu gebieten", sagt Eberhard Mehl, der Geschäftsführer des Hausärzteverbands. Es sei „schon erstaunlich", dass weder von Ärztekammer noch Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) eine Reaktion gekommen sei. Vielleicht ist es ja auch bezeichnend. Beim Thema Hausarzttarif nämlich ist Deutschlands Medizinerlobby zerrissen wie bei kaum einem anderen der vielen Gesundheitsreform-Details. Die Fachärzte – mit 67 000 in der Mehrheit – wehren sich, weil sie um ihre Existenz fürchten. Von Hausarzt-Überweisungen abhängig zu sein und dann auch noch in Konkurrenz mit demnächst ambulant behandelnden Kliniken treten zu müssen – das bedeutet weniger Patienten und weniger Einkommen. Die 59 000 Hausärzte hingegen freuen sich auf das Zusatzgeschäft als „Gesundheitslotse".

Ihre Standesvertretung indessen sagt anderes. Etwa, dass es sich bei Ulla Schmidts Plänen um den „massivsten Angriff auf die freie Arztwahl“ in der Geschichte der Bundesrepublik handelt, wie KBV-Chef Manfred Richter-Reichhelm sagte. Und dass man Widerstand leisten werde.

Die Hausärzte können sich darüber nur wundern. „Sollen wir gegen uns selber auf die Straße gehen?" Er habe „gar nicht gewusst, dass Solidarität auf der fachärztlichen Funktionärsebene ein gängiger Begriff ist“, sagt der Verbandsvorsitzende Klaus-Dieter Kossow. Der neue Affront bestärkt die Hausärzte in ihrem Gefühl, von der KBV nicht repräsentiert zu werden. Seit Jahren fühlen sie sich dort etwa in Honorarfragen untergebuttert. Auch die KBV-Kritik an anderen Teilen der Gesundheitsreform ist ihnen zu aggressiv. Der „Austausch von Schlagworten, Polemik und Killerphrasen“ mache garantiert nicht wieder politikfähig, sagt Kossow.

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