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Heimatvertriebenen-Chefin: Steinbach fordert Mitgefühl

Die Chefin der Heimatvertriebenen sieht zu wenig Unterstützung für ihre Erinnerungsstiftung.

Berlin - Zu ihrem geplanten Rückzug aus der CDU-Spitze sagt Erika Steinbach an diesem Samstag kein Wort. Und doch ist der Vertriebenen-Präsidentin, die mit ein paar hundert Verbandsmitgliedern im Berliner Congress Centrum den „Tag der Heimat“ feiert, der Ärger über ihre Partei anzumerken. Scharf weist sie die Kritik zurück, die sie sich in den vergangenen Tagen auch von CDU-Kollegen hatte anhören müssen. Es sei eine „Ungeheuerlichkeit“, dem Bund der Vertriebenen (BdV) und seinen beiden Mitgliedern Arnold Tölg und Hartmut Saenger ein revisionistisches Geschichtsbild zu unterstellen und ihnen den Willen zur Versöhnung abzusprechen, sagte sie.

Die 67-jährige Vertriebenen-Präsidentin war in den vergangenen Tagen unter Druck geraten, nachdem sie frühere Äußerungen der beiden BdV-Funktionäre Tölg und Saenger verteidigte, die als Relativierung der deutschen Kriegsschuld verstanden worden waren. Anfang der Woche hatte der Zentralrat der Juden deswegen seine Mitarbeit in der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung vorübergehend eingestellt. In einer internen Sitzung des Unions-Fraktionsvorstands löste Steinbach dann einen Eklat aus, weil sie die beiden mit den Worten verteidigte: „Und ich kann es auch leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hat.“

Den BdV in eine Reihe mit „Geschichtsfälschern“ zu stellen, sei ein „platter Versuch“, sagt Steinbach nun. Jeder wisse, wer den Zweiten Weltkrieg begonnen habe. „Hitler hat die Büchse der Pandora geöffnet.“ Doch es dürfe nicht eine Barbarei die andere entschuldigen oder rechtfertigen. Auch für deutsche Vertreibungsopfer müssten die Menschenrechte gelten, mahnt die CDU-Politikerin. In Wahrheit gehe es den Kritikern nicht um Personen, sondern darum, die Vertreibungsstiftung „um jeden Preis zu verhindern“.

In Steinbachs 40-minütiger Rede kommt immer wieder Wut auf das gesellschaftliche Klima in Deutschland durch, in dem es nicht möglich sei, „Wahrheiten auszusprechen“. Das zeige sich nicht nur am Schicksal der Heimatvertriebenen, sondern auch bei den jüngsten Empörungswellen zu anderen Themen – eine Anspielung auf Thilo Sarrazins umstrittene Integrationsthesen. „Für Afrikaner und Asiaten haben wir Mitgefühl, aber was hier im Lande ist, bleibt oft auf der Strecke“, schimpft Steinbach. Sie berichtet davon, wie in Polen bei Baggerarbeiten 2000 tote deutsche Zivilisten entdeckt wurden; und in Serbien ein Massengrab mit 12 000 Opfern. Steinbachs Botschaft: In all unseren Nachbarländern würden seit Jahren an vielen Orten Erinnerungsstätten für ermordete Deutsche errichtet, nur in Deutschland tue man sich mit dem Gedenken schwer.

Einer steht an diesem Samstag ganz fest an der Seite der hartnäckigen blonden CDU-Funktionärin: der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, für den die Vertriebenen eine wichtige Wählergruppe sind. Er zollt Steinbach Respekt für ihren Kampf für eine Vertriebenen-Gedenkstätte. „Das gehört zu Ihrem Lebenswerk“, lobt Seehofer, der Steinbach im Bundestagswahlkampf den bayerischen Verdienstorden verliehen hatte. Die Mitglieder des BdV seien „aufrechte Demokraten, keine Revanchisten“, bescheinigt Seehofer den Anwesenden. „Sie stehen auf dem Boden unserer Wirtschafts- und Werteordnung. Sie stehen auf dem Boden des Grundgesetzes.“ Und er versichert seinen Zuhörern: „Solange ich Ministerpräsident bin, werden wir als Bayern an der Seite der Heimatvertriebenen stehen.“

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