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Politik: Heiter bis wolkig

„Schwierige Sacharbeit“ oder „Kriegsgeschrei“? Stimmen zur Wetterlage in der großen Koalition

Von Robert Birnbaum

Berlin - Wer im Moment nach dem Klima in der großen Koalition fragt, muss mit absonderlichen Antworten rechnen. „Das Klima in der SPD ist hervorragend“, sagt zum Beispiel am Montag der SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, um dann aber noch schnell zu versichern, in der Koalition arbeite seine Partei am Erfolg der Regierung. „Die Koalition ist in einer jetzt schwierigen Sacharbeit“, sagt auf die gleiche Frage Heils CDU-Kollege Ronald Pofalla, um anschließend noch schnell den „Eindruck“ zu verbreiten, in der Führung des Bündnisses bestehe „nach wie vor eine gute Zusammenarbeit“. Man kann die beiden Nachsätze als zaghafte Versuche deuten, nach der Interviewschlacht des Wochenendes allmählich wieder abzurüsten. Nur hat sich die Parole, wenn es denn überhaupt eine sein soll, bis München nicht herumgesprochen.

Schon am Morgen vor dem CSU-Präsidium teilte Parteichef Edmund Stoiber mächtig aus. Doppelzüngig verhalte sich der SPD-Chef Kurt Beck: In kleiner Gesprächsrunde kooperationsbereit, aber „kaum lässt er die Tür hinter sich zufallen, wird er aggressiv“. Oder schicke seinen Fraktionschef Peter Struck vor, die Union und die Kanzlerin Angela Merkel anzugreifen. Wenn Beck und Struck die Absprachen in der Koalition nicht akzeptieren, „sind sie die Störenfriede“, zürnte Stoiber – der in den letzten Wochen selbst von der SPD als einer attackiert worden war, der im Gesundheitsstreit von Abreden nichts mehr wissen wolle, die er mitgetroffen habe. Stoiber sieht es umgekehrt: eine „absolute Störung des Klimas“ drohe durch das Verhalten der SPD: „Hier wird außerordentlich gezündelt.“

Nun steht Stoiber am kommenden Wochenende ein CSU-Parteitag bevor, auf dem auch Merkel auftritt. Der Termin ist eine Erklärung dafür, dass sie in München die ganz schweren Geschütze aus dem Zeughaus geholt haben und selbst der sonst eher abgeklärte Landtagspräsident Alois Glück (CSU) den SPD-Mann Struck der Sabotage verdächtigt. In Berlin ist die Stimmung aber nicht besser, nur dass sich die Kombattanten dort auf Säbel und spitze Dolche verlegen. Der hessische CDU-Ministerpräsident Roland Koch zum Beispiel warnt den SPD-Fraktionschef via „Bild“- Zeitung, er werde zum Dauerärgernis: Offensichtlich brauchten manche ein „Kriegsgeschrei“, um die eigene Linke wieder einzufangen. Pofalla macht spitze Bemerkungen über einen, „wie wir finden, wichtigen Unterschied“ zwischen SPD und Union: „Wir stellen elf Ministerpräsidenten.“ Auf deren Meinung lege die Union größten Wert. Auch im Fall Stoiber? „Wir haben den bayerischen Ministerpräsidenten in den letzten Wochen immer konstruktiv erlebt“, sagt Pofalla.

Ein Lob der Länderfürsten, das Merkel im Präsidium intoniert hatte. Die CDU dürfe sich nicht provozieren lassen von der Rollenteilung in der SPD, in der der Chef Beck „über allen Wassern schwebe“ und Struck stichele, zitieren Teilnehmer die CDU-Chefin. Wichtig sei Geschlossenheit, und dass die Sticheleien aufhörten. Theoretisch finden das alle. Nur hören sie nicht auf. Pofalla nicht, der mutmaßt, die SPD habe „verlernt“, was ein Ministerpräsident für Pflichten habe. Heil nicht, der von „zerstrittenen Hühnerhaufen“ redet. CSU-General Markus Söder nicht, der Struck eine „Belastung“ nennt. „So kann es nicht bis 2009 weitergehen“, sagt Söder dann noch.

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