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Politik: Herbsttagung der Außenminister des Bündnisses in Brüssel

Die künftige Eingreiftruppe der Europäischen Union wird in Krisenfällen auch der Nato zur Verfügung stehen. Das zeichnete sich beim Treffen der Nato-Außenminister am Mittwoch in Brüssel ab.

Die künftige Eingreiftruppe der Europäischen Union wird in Krisenfällen auch der Nato zur Verfügung stehen. Das zeichnete sich beim Treffen der Nato-Außenminister am Mittwoch in Brüssel ab. Die Außenminister stimmten Nato-Generalsekretär Lord Robertson zu, dass die Stärkung der europäischen Verteidigung, die beim EU-Gipfeltreffen in Helsiniki am vergangenen Wochenende bechlossen wurde, auch das Atlantische Bündnis stärken werde. "Die Entscheidungen vom Helsiniki-Gipfel sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und ein realer Fortschritt", erklärte der Nato-Generalsekretär. Die Nato, die Amerikaner eingeschlossen, begrüßt deshalb die Entscheidung der Europäer zu einer eigenen "Verteidigungsidentiät", unterstrich Robertson, gleichzeitig sagte er, dass eine enge Verbindung und Zusammenarbeit zwischen EU und Nato hergestellt werden müsse. Falls es Bedenken der atlantischen Partner gegenüber den Plänen der Europäer gegeben habe, seien diese nun ausgeräumt, hatte Bundesaußenminister Joschka Fischer am Mittwochnachmittag erklärt.

Während die Amerikaner zwar offiziell die Stärkung des "europäischen Pfeilers der Nato" begrüßen, gleichzeitig aber die größere Selbständigkeit ihrer europäischen Verbündeten mit Mißtrauen beäugten, sehen die Europäer wiederum die Pläne Washingtons zu einem Raketenabwehrsystem mit großer Sorge. Es habe sich am Mittwoch gezeigt, dass alle Europäer hier auf der gleichen Linie liegen, berichtete der deutsche Außenminister. Man fürchte "unterschiedliche Sicherheitsstandards im Bündnis", wenn die USA sich selbst mit ihrem neuen technisch fortgeschrittenen Abwehrsystem gegen Raketenangriffe verteidigen können, den Europäern ein solches System aber nicht zur Verfüung stehe. Die Entscheidung zu einem nationalen Raketenabwehrsystem sei zwar ausschließlich eine Angelegenheit der USA, räumte Fischer ein. Er machte am Mittwoch aber auch deutlich, dass man diesseits des Atlantiks eine schwere Störung des internationalen Abrüstungsprozesses fürchte, wenn die USA ihre Pläne verwirklichen sollten.

Es habe im Nato-Rat eine "lebhafte Diskussion" über die Stärkung der europäischen Verteidigungsidentität gegeben, berichtete ein hoher Nato-Diplomat. Man müsse nun aber im Einzelnen sehen, wie die Europäer ihre Pläne umsetzen. "Beim Essen zeigt sich die Qualität des Puddings", kommentierte der Nato-Diplomat skeptisch. Im Nato-Hauptquartier will man eine möglichst enge Verzahnung mit der EU-Sicherheitspolitik festschreiben. Bisher gebe es lediglich enge informelle Kontakte. Einmal in der Woche frühstücke der ehemalige Nato-Generalsekretär Javier Solana, der seit wenigen Tagen in der Doppelrolle als WEU-Generalsekretär und gleichzeitig Hoher Beauftragter der EU-Außenpolitik amtiert, mit seinem Nachfolger Lord Robertson. Künftig müsse man aber feste Bahnen für die Abstimmung schaffen. Dabei denkt man in Brüssel offenbar an einen regelmäßigen EU-Nato-Rat, in dem die euro-atlantische Politik abgetimmt werden soll.

Die USA und die Türkei drängen die EU-Staaten zudem, diejenigen sechs europäischen Nato-Staaten, die nicht EU-Mitglieder sind, möglichst lückenlos in die neue europäische Sicherheitspolitik einzubeziehen. Das könne jedoch nicht bedeuten, hieß es europäischen diplomatischen Kreisen Brüssels, dass diese Partner am inneren Entscheidungsprozess der EU teilnehmen können. Offenbar ist Washington mit der entsprechenden Formulierung der Helsinki-Erklärung nicht zufrieden. Die Europäer bekräftigen dort noch einmal, dass die Verteidigung Europas nach wie vor Aufgabe des Atlantischen Bündnisses sei. Die EU werde nur dann autonom handeln, wenn die "Nato als Ganzes" sich nicht engagiere. Offenbar ist damit jedoch in den Augen der USA dem absoluten politischen und militärischen Vorrang des Atlantischen Bündnisses immer noch nicht Genüge getan.

Unstrittig ist, das Artikel Fünf des Nato-Vertrages, der zu gegenseitigem Beistand der Nato-Länder bei Angriffen verpflichtet, nicht zur Disposition steht, versichern in Brüssel Nato-Diplomaten. Somit haben sich auch die Europäer verpflichtet, ihre Eigenständigkeit auf Frieden schaffende, erzwingende oder bewahrende Maßnahmen zu begrenzen.

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