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Politik: Herzog – nicht eins zu eins

Gesundheitskompromiss: Niemand soll für die Krankenkasse mehr zahlen als bisher

DER CDU-PARTEITAG IN LEIPZIG

Roman Herzogs Seitenhieb gilt dem CSU-Sozialexperten Horst Seehofer. Ein Fisch ohne Gräten sei vielleicht besser zu essen, „aber schwimmen kann er nicht mehr“, sagt der Altbundespräsident beim CDU-Parteitag. Er habe nie erwartet, dass die Vorschläge der nach ihm benannten Kommission zur Reform der Sozialsysteme „eins zu eins“ umgesetzt würden. Seehofer, erbitterter Kämpfer gegen die Gesundheits-Pläne der CDU, hatte in den vergangenen Wochen lustig gefeixt, vom Konzept der Herzog-Kommission seien nur noch die Gräten übrig.

In der Tat: Was die Antragskommission den rund 1000 Delegierten zur Abstimmung empfiehlt, weicht von den Herzog-Plänen in Teilen stark ab. Die Änderungen, die vor allem Niedersachsen und Hessen gemeinsam mit CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer erarbeitet haben, sollen breite Zustimmung sichern. Die Vorarbeiten zeigen Erfolg: In der Debatte mag kaum einer die Parteitagsharmonie stören. Nur einer lässt sich nicht überzeugen: Ex-Sozialminister Norbert Blüm. Der nennt die Gesundheitsprämien „platt gewalzte Gerechtigkeit“ und „auf den Kopf gestellte Solidarität“ und verweist auf die Schweiz, wo die Versicherten Kopfpauschalen zahlen. Dort habe sich die Pauschale seit 1996 um 60 Prozent erhöht.

Gerade aber mit dem Etikett „mehr Solidarität“ will CDU-Parteichefin Angela Merkel den radikalen Systemwechsel zur Gesundheitsprämie verkaufen. Seehofer hatte immer wieder kritisiert, es sei ungerecht, dass die Sekretärin den gleichen Beitrag zahlen müsse wie ihr Chef. Die CDU betrete Neuland, räumt Merkel ein. „Das muss gründlich überlegt sein.“ Und der Wirtschaftsexperte der Fraktion, Karl-Josef Laumann, ahnt, „dass noch viel Überzeugungsarbeit vor uns liegt“.

Durch Nachbesserungen am Herzog-Konzept hat Merkel jedoch zahlreiche interne Kritiker auf ihre Seite gezogen. Die Gesundheitsprämie – nach CDU-Berechnungen 200 Euro – soll langfristig auf maximal 15 Prozent des Bruttoeinkommens begrenzt werden. Bei der Umstellung soll keiner mehr zahlen als im heutigen Gesundheitssystem. Für Niedersachsens Sozialministerin Ursula von der Leyen, die wesentlich am Kompromiss mitgewirkt hat, ist entscheidend, dass der soziale Ausgleich über Steuern von allen aufgebracht werden müsste, nicht nur von den Beziehern mittlerer Einkommen. Die veränderte Gesundheitsprämie sei „sozial und gerecht“, meint der Chef der CDU-Arbeitnehmer, Hermann-Josef Arentz, der noch kürzlich mit Laumann im Bundesvorstand gegen die Herzog-Pläne gestimmt hatte.

Merkel deutet bereits weitere Korrekturen an, die das Reformpaket Zweiflern sozialer machen sollen: Die Steuersätze im oberen Einkommensbereich könnten im Zuge einer großen Steuerreform notfalls in geringerem Umfang gesenkt werden, als dies Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz vorsehe. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller hatte das ins Gespräch gebracht. Schließlich fehlen noch mehrere Milliarden Euro an Steuermitteln für den sozialen Ausgleich im Gesundheitswesen.

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