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Jürgen Banzer

© dpa

Hessen: „Absoluter Wortbruch“

In Hessens CDU wächst die Wut auf Roland Koch – auch wegen des Umgangs mit seinem Parteifreund Banzer.

Jürgen Banzer ist der Einzige in Roland Kochs Kabinett, für den er als geschäftsführender Ministerpräsident vor der Wahl am 18. Januar eine Jobgarantie formuliert hat. Justizminister Banzer hatte nach Kochs Wahlschlappe Anfang 2008 das schwere Erbe von Kultusministerin Karin Wolff übernommen, die für das schlechte CDU-Ergebnis verantwortlich gemacht wurde und zurücktrat. Während der „hessischen Verhältnisse“ rackerte sich der geschäftsführende Doppelminister Banzer ab. Er suchte den Dialog mit Schulen, Elternvertretern und der politischen Konkurrenz, auf deren Stimmen er ohne eigene Parlamentsmehrheit angewiesen war. Es gelang ihm zwar nicht, die miserablen Kompetenzwerte der CDU in der Bildungspolitik zu sanieren. Trotzdem brachte er Ruhe in die Schulen, die Unzufriedenheit dort wurde nicht erneut zentrales Wahlkampfthema.

Banzer solle deshalb auf jeden Fall Kultusminister bleiben, ließ Koch vor der Wahl wissen. Doch nach der neuerlichen Schlappe der hessischen CDU am 18. Januar dieses Jahres wird die FDP den Ressortchef für Justiz und die Kultus ministerin stellen, das sieht der Koalitionsvertrag vor. Banzer geht möglicherweise bei der Regierungsbildung leer aus. „Wir dürfen uns diese Postenschacherei mit Jürgen Banzer als Opfer nicht gefallen lassen“, tobt der stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende aus Banzers Wahlkreis Hochtaunus, Uwe Kracht. Er spricht von einem „schwachen Verhandlungsergebnis eines schwachen Ministerpräsidenten“.

Banzer ist „betroffen und enttäuscht“. Er zog es sogar vor, am vergangenen Freitag die Präsentation des Koalitionsvertrags durch seinen Chef vor der CDU- Landtagsfraktion zu schwänzen. Für Montagabend stand ein letztes Gespräch mit Koch auf Banzers Terminkalender, vielleicht wird er doch noch Umwelt- oder Wissenschaftsminister. Doch auch das wäre für ihn keine wirkliche Genug tuung. Dabei hält Koch große Stücke auf seinen gewichtigen Parteifreund. Die beiden kennen sich seit der Studienzeit. Koch bewunderte den Älteren für dessen Mut, wenn der sich für RCDS-Positionen von links dominierten Studentenparlamenten und Vollversammlungen auspfeifen ließ und dennoch nie aufgab zu argumentieren. Wenn Koch sein öffentliches Versprechen gegenüber dem langjährigen Weggefährten nicht einhalten kann, beweist das in Wahrheit seine (relative) Schwäche.

Sieben Ministerposten bleiben Kochs CDU. Finanzminister Karl-Heinz Weimar, Innenminister Volker Bouffier und Sozialministerin Silke Lautenschläger gelten als gesetzt. Nach dem nicht ganz freiwilligen Abgang von Wirtschaftsminister Alois Rhiel zugunsten der FDP wollen die Osthessen Finanzstaatssekretär Volker Arnold ins Kabinett entsenden. Die Bauern machen sich für Landwirtschaftsminister Wilhelm Dietzel stark. Die Nordhessen wollen mit Eva Kühne-Hörmann die künftige Wissenschaftsministerin stellen. Die Vorsitzende der Frauen- Union, Petra Müller-Klepper, gilt ebenfalls als Ministerkandidatin. Kochs ehemaliger Büroleiter Thomas Schäfer wür de gerne Bundesratsminister werden. Staatskanzleichef Stefan Grüttner denkt nicht an Rückzug, die Junge Union fordert zu allem Überfluss immer lauter eine personelle Erneuerung. Bis zur Fraktionssitzung am Mittwoch hat Koch Zeit. Dass er nicht mehr unangefochten ist, beweist ein offener Brief eines Kommunalpolitikers in Banzers Hochtaunuskreis. Die Landes-CDU solle sich nicht über die ehemalige SPD-Chefin Andrea Ypsilanti „und ihre Kumpane“ aufregen, denn auch Koch halte sich nicht an Zusagen und betreibe „absoluten Wortbruch“.

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