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Hessen: Koch-Bilanz: Im Durchschnitt

Seit elf Jahren ist Roland Koch hessischer Ministerpräsident. Wie steht Hessen im bundesweiten Vergleich da?

Auf der Bundesebene hat er immer feste mitgemischt, unter den Unions-Ministerpräsidenten galt er stets als der agilste, eloquenteste, zukunftsträchtigste. Roland Koch war in den vergangenen zehn Jahren wohl der bundespolitisch auffälligste Regierungschef aus den Ländern. Ob Agenda 2010, Jobcenter-Reform, Zuwanderung, Föderalismusreform oder Sparvorschläge – immer war Koch in den Verhandlungs- und Vermittlungsverfahren für die Union eine führende Kraft.

Aber so sehr es Koch nach Berlin drängte – seine Hauptwirkungsstätte war das Land Hessen. Und da fällt seine Bilanz durchaus gemischt aus. Zum Beispiel in der Bildungspolitik. Hier gelang es Koch nicht, Hessen zu einem Vorzeigeland bei Schulen und Universitäten zu machen, wie es die stärker von der Union geprägten Südstaaten Bayern, Baden- Württemberg und Sachsen sind. Beim Pisa-Test von 2006 landete Hessen im Mittelfeld der Bundesländer, bei den Naturwissenschaften sogar noch darunter. Patzer bei der Einführung des ohnehin heiklen achtjährigen Gymnasiums (G 8) kamen dazu. Zudem schaffte es keine hessische Hochschule im bundesweiten Exzellenzwettbewerb in den begehrten Rang einer Eliteuni. Es war denn auch vor allem Kochs eher durchwachsene bildungspolitische Bilanz, die entscheidend zum schlechten Abschneiden bei der Wahl 2008 beitrug.

Dabei bringt Hessen eigentlich vieles mit, um die Nase vorn zu haben. Es ist das Land mit den höchsten Steuereinnahmen pro Einwohner – dank des Finanzplatzes Frankfurt am Main. Zwar zahlt das Land deswegen auch ordentlich in den Finanzausgleich ein. Aber seine Finanzkraft ist am Ende doch klar überdurchschnittlich. Dennoch steht es bei der Verschuldung nach wie vor schlechter da als die Musterländer Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. Im Länderkreis gilt Hessen als finanzpolitisch eher unterdurchschnittlich gemanagt. Zu den positiven Ergebnissen von Kochs Amtszeit gehört seine Entscheidung, in einer Eröffnungsbilanz Verpflichtungen und Vermögen des Landes gegenüberzustellen und damit nicht zuletzt die enormen Pensionlasten offenzulegen – ein mutiger Schritt, den die meisten Ministerpräsidenten noch vor sich haben.

Umstritten war nicht zuletzt Kochs Vorstoß gegen Jugendkriminalität im Wahlkampf Ende 2007 – seine Äußerung, es gebe „zu viele junge kriminelle Ausländer“, polarisierte aber möglicherweise nicht wie gewünscht. Zumal sich dann zeigte, dass Hessen im Kampf gegen die Jugendkriminalität eher schlecht abschnitt. In Kochs Amtszeit war diese zwischen 1999 und 2006 um ein Drittel angestiegen, im Rest der Republik durchschnittlich nur um ein Achtel. Und 90 Prozent der Täter waren junge Deutsche.

Gut elf Jahre wird Koch regiert haben, wenn er wie geplant aufhört. Das ist die zweitlängste Amtszeit eines hessischen Ministerpräsidenten seit 1946 – nicht schlecht in einem einstigen Stammland der SPD, in dem die CDU über Jahrzehnte hinweg wenig zu melden hatte.

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