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Walter_Ypsilanti

© dpa

Hessen: Wahl wird zur Zitterpartie für Ypsilanti

Nach der Hessen-SPD stimmten am Sonntag zwar auch die Grünen mit großer Mehrheit für den ausgehandelten Koalitionsvertrag. Für neue Zweifel sorgte allerdings SPD-Landesvize Jürgen Walter. Der parteiinterne Rivale Ypsilantis lehnte den Vertrag überraschend ab.

Keine Regierung ohne Walter: Die SPD-Landesvorsitzende ist am Dienstag im Landtag auch auf Jürgen Walters Stimme angewiesen. Andernfalls verfehlt sie die notwendige Mehrheit von 56 Stimmen, um als Chefin einer rot-grünen Minderheitsregierung den CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch ablösen zu können. Dazu benötigt sie auch die Unterstützung der Linken, was sie im Wahlkampf noch strikt abgelehnt hatte. SPD-Chef Franz Müntefering kündigte in der "Bild"-Zeitung an, er werde Ypsilanti trotz aller Vorbehalte gegen die Linkspartei die "Daumen drücken".'

Bei der SPD stimmten am Samstag in Fulda 95,3 Prozent der Delegierten für den Vertrag. Von 341 Delegierten votierten acht gegen den Leitantrag, weitere acht enthielten sich. Walter selbst war bei der Abstimmung nicht anwesend. Er hatte jedoch zuvor seine Ablehnung geäußert und erklärt, der Vertrag mit den Grünen gefährde Arbeitsplätze in Hessen. Noch vor einer Woche hatte er die Vereinbarung, die er mit ausgehandelt hatte, unterstützt.

Ypsilanti setzt auf Walters Stimme

Bei der Mitgliederversammlung der Grünen gab es unter den über 450 Delegierten nur acht Gegenstimmen und zwei Enthaltungen. Der Landesvorstand der hessischen Linkspartei sprach sich am Sonntagabend in Marburg mit eindeutiger Mehrheit für die Unterstützung von Rot- Grün aus. Bei 21 Stimmberechtigten habe es nur eine Nein-Stimme gegeben, sagte Parteisprecher Achim Kessler. Die Abgeordneten der Linken würden bei der Wahl am Dienstag für Ypsilanti stimmen.

Ypsilanti gab sich nach dem Parteitag überzeugt, dass Walter das Votum beachten und ihr trotz seiner Kritik die Stimme angeben werde. Sie berief sich auf eine entsprechende Zusage ihres Stellvertreters. Die Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger bekräftigte ihren Entschluss, am Dienstag mit Nein zu stimmen. Damit ist die SPD-Landesvorsitzende darauf angewiesen, dass alle anderen Abgeordneten von SPD (41), Grünen (9) und Linken (6) ihr die Stimme geben.

Grüne rufen SPD zu Geschlossenheit auf

Ypsilanti bezeichnete den Koalitionsvertrag als solide Grundlage für eine soziale, ökologische und wirtschaftliche Erneuerung des Landes. Sie widersprach Kritik an den Abmachungen zum Ausbau der Flughäfen Frankfurt und Kassel-Calden sowie zu den Autobahnprojekten A 44 und A 49. Für Deutschlands größten Flughafen in Frankfurt will die künftige Regierung ein Nachtflugverbot anordnen und den Beginn des Ausbaus bis spätestens Ende 2009 aufschieben, um Gerichtsverfahren abzuwarten. Walter sagte, dieses Vorgehen gefährde die Baugenehmigung und damit Arbeitsplätze.

Grünen-Chef Tarek Al-Wazir rief die SPD zu Geschlossenheit auf: Wenn der Regierungswechsel am internen Zwist der Sozialdemokraten scheitere, falle die SPD auf lange Zeit als Regierungskraft in Hessen aus. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, lehnte jede Mitverantwortung ihrer Partei bei einem Misserfolg Ypsilantis ab. "Es muss am Dienstag beim ersten Mal klappen", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung".

Koch ist bereit, seinen Platz umgehend zu räumen

Ypsilanti hatte im Wahlkampf eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausgeschlossen, kurz nach der Wahl Ende Januar aber einen ersten Anlauf zur Machtübernahme mit deren Hilfe gestartet. Wegen Metzger musste sie ihn abbrechen. CDU-Ministerpräsident Koch regierte deshalb ohne parlamentarische Mehrheit geschäftsführend weiter. Koch kündigte an, er werde die Staatskanzlei bei einer erfolgreichen Wahl Ypsilantis sofort räumen. "Es ist alles so vorbereitet, dass wir sofort raus können. Aber auch sofort wieder rein", sagte Koch im Hessischen Rundfunk.

Die 2005 bei ihrer geplanten Wiederwahl gescheiterte frühere schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis erwartet, dass Ypsilanti gewählt wird. Wer erwäge, sie scheitern zu lassen, ziehe womöglich die ganze SPD mit in den Abgrund, sagte sie im HR. "Wer sich überlegt, das zu tun, der bringt eine Persönlichkeit um, der bringt die Landtagsfraktion um, der bringt die hessische SPD um." (sba/dpa)

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