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Hessen: Wir sind dann mal weg

In Hessen endet eine kurze Wahlperiode – die letzte Landtagssitzung springt von Eintracht zu Polemik und die vier Abweichler versuchen weiterhin ihr Verhalten zu rechtfertigen.

Der hessische Landtag hat sich am Mittwoch nach der kürzesten Legislaturperiode seiner Geschichte mit den Stimmen aller fünf Parteien selbst aufgelöst und damit den Weg für Neuwahlen am 18. Januar 2009 freigemacht. Als Schlusspunkt setzte das Parlament die Erhöhung des Rahmens für Landesbürgschaften um 500 Millionen Euro, um die weiterhin geschäftsführende Landesregierung in der Krise des Autoherstellers Opel und seiner Zulieferbetriebe handlungsfähig zu machen. Sprecher aller Parteien verlangten einen sorgsamen Umgang mit den Steuergeldern, bekannten sich gleichzeitig in großer Gemeinsamkeit zu dem Ziel, Arbeitsplätze zu retten. Dann ging es zur Sache – die Wahlperiode endete in einer zum Teil polemischen Auseinandersetzung über „Wortbruch“, „Verräter“ und „aufrechte Sozialdemokraten“.

Schon zehn Minuten vor der Zeit betraten die vier SPD-Abweichler den Plenarsaal, die den zweiten Anlauf der SPD-Chefin Andrea Ypsilanti zur Bildung einer Minderheitsregierung gestoppt hatten. Unter ihnen Carmen Everts. Für sie sei das ein schwerer Tag, sie habe nicht die Auflösung des Landes gewollt, sondern neue Gespräche der Parteien, sagte sie.

Nach dieser Legislaturperiode könne sich niemand als Sieger fühlen, sagte Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Er habe die Hoffnung, dass alle Parteien nach der Neuwahl im Januar offener miteinander umgingen. Seine Partei habe aus dem Wahlergebnis vom Januar gelernt. Doch die SPD werde erklären müssen, ob sie nach wie vor zusammen mit Grünen und Linkspartei regieren und damit Arbeitsplätze gefährden wolle. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Christean Wagner, warf Ypsilanti vor, sie habe Gespräche mit der CDU verweigert und stattdessen einen Pakt mit den Kommunisten schließen wollen. Nicht die vier Abweichler seien „Verräter“, vielmehr habe Ypsilanti ihr Wahlversprechen verraten.

Der neue SPD- Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel bekannte sich zu den Fehlern seiner Partei. Keiner der SPD-Abgeordneten habe sich die Entscheidung leicht gemacht, das Wahlversprechen zu brechen, nicht mit den Linken zusammenzuarbeiten. Doch nach dem nicht erwarteten Einzug der Linken in den Landtag habe seine Partei das Versprechen eines Neuanfangs umsetzen wollen. Eine große Koalition, um das „System Koch“ zu stabilisieren, wäre einem neuerlichen Wortbruch gleichgekommen.

FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn sprach von einem verlorenen Jahr für Hessen. Die Mehrheit der Bürger sei stets gegen eine rot-grüne Minderheitsregierung gewesen. Grünen-Chef Tarek Al Wazir sagte, mit dem Wahlergebnis vom 27. Januar hätten die Hessen ihren Willen zu einem Politikwechsel und zu einer Ablösung von Koch dokumentiert. Die Linke Janine Wissler warf den SPD-Abweichlern vor, die Interessen des Flughafenbetreibers Fraport und der Energiewirtschaft zu vertreten und nicht den Willen ihrer Wähler. Den Schlusspunkt setzten die so Kritisierten. Sie habe die Regierungspolitik nicht von einer in Teilen verfassungsfeindlichen Partei abhängig machen wollen, erklärte Everts. Jürgen Walter sagte, Abgeordnete seien allein ihrem Gewissen verpflichtet. Wer ihm und seinen drei Kolleginnen andere Motive unterstelle, offenbare einiges über sich. Dass der linke Landtagsvizepräsident Hermann Schaus die vier als „hinterhältige Schweine“ bezeichnet habe, bestätige ihm die Richtigkeit seiner Entscheidung.

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