zum Hauptinhalt
Silke Lautenschläger (41), seit 1999 im hessischen Parlament, wurde 2001 Sozialministerin und ist seit 2009 Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Sie lebt mit vier Generationen ihrer Familie im elterlichen Bauernhof.

© dpa

Hessens CDU-Vizechefin: "Kein Tabu beim Sparen"

Vielstimmigkeit geht immer zulasten einer konservativen Partei“. Hessens CDU-Vizechefin und Umweltministerin Silke Lautenschläger über die Pläne und Perspektiven ihrer Partei.

Was kann die CDU, was muss ihre Vorsitzende Angela Merkel aus der Niederlage in NRW lernen?

Die Menschen erwarten von uns Lösungen für die drängenden Probleme. Sie erwarten von einer CDU-geführten Koalition zu Recht solide handwerkliche Arbeit statt Streitereien und Abwarten. Vielstimmigkeit geht immer zulasten einer konservativen Partei. Mangelnde Geschlossenheit und mangelnde Entschlossenheit in Berlin haben uns ganz sicher geschadet.

Aber hat nicht Jürgen Rüttgers darum gebeten, kontroverse Entscheidungen auf die Zeit nach dem 9. Mai zu verschieben?

Ja, aber FDP-Politiker gleichermaßen. Umso wichtiger ist es jetzt, dass die CDU rasch deutlich macht, was sie will. Es gibt jede Menge Themen, die auf Entscheidungen drängen. Die Menschen wissen doch, dass wir angesichts der wirtschaftlichen Lage und der notwendigen Stabilisierungsmaßnahmen für Europa längst noch nicht aus der Gefahrenzone heraus sind. Sie erwarten von der Politik Klarheit und entschlossenes Handeln. Das Warten hat viel Vertrauen gekostet.

Die Mehrheit im Bundesrat ist verloren, Großprojekte wie die Steuerreform sind nicht mehr durchsetzbar. Was bleibt?

Ich bin froh, dass Angela Merkel das alles überlagernde Thema Steuersenkung endlich abgeräumt hat. Die Bürger bekommen doch sehr genau mit, wie schwierig die Situation der Staatsfinanzen ist. Sie erleben das im eigenen Lebensumfeld, etwa in den Kommunen. Sie wissen, dass gespart werden muss. Was sie verunsichert, ist, dass sie nicht wissen, wo. Wir müssen jetzt zügig entscheiden, damit neue Unsicherheiten gar nicht erst entstehen.

Wo soll angesetzt werden?

Alle Bereiche gehören auf den Prüfstand! Es darf keine Tabus geben. Das tut natürlich jedem Minister und jedem Parteipolitiker weh, aber die alten Reflexe helfen nicht weiter. Und wir müssen endlich das umsetzen, was wir doch längst beschlossen haben. Nehmen Sie nur die Verlängerung der Atomlaufzeiten. Dafür sind wir im Wahlkampf eingetreten – und jetzt müssen wir das endlich praktisch umsetzen.

Muss die CDU bei Entscheidungen, wo man spart und wo nicht, auch wieder mehr Rücksicht auf Stammwähler nehmen?

Ich finde es falsch, wenn einige sagen, wir müssten jetzt alles wieder zurückdrehen oder bestimmte Themenfelder nicht mehr besetzen. Konservativ sein heißt für mich, entschlossen zu handeln und die Menschen wieder mitzunehmen bei dem, was wir tun. Unser größtes Problem bei Stammwählern ist die Verunsicherung darüber, wie es weitergehen soll.

Aber laufen Ihnen nicht die gleichen Stammwähler wieder weg, sobald sie hören, wo bei ihnen selbst gespart werden soll?

Die Entscheidungen, die jetzt getroffen werden müssen, sind alle nicht bequem. Und es nützt überhaupt nichts, wenn man immer nur von einem Wahltermin zum nächsten schaut. Stammwähler bindet man nicht nur dadurch, dass man bestimmte Themen anspricht. Sie bauen vor allem darauf, dass man eine klare Richtung vorgibt und dann auch der klaren Linie folgend mutig losmarschiert.

Das Gespräch führte Robert Birnbaum.

Zur Startseite