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Bouffier befürchtet, dass der Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte das Parteienverbot kippen könnte - selbst wenn es vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich ist.

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Exklusiv

Hessens Ministerpräsident: Bouffier sieht "Großes Risiko" bei NPD-Verbotsverfahren

Hessens Ministerpräsident Bouffier steht einem Verbotsverfahren gegen die NPD weiterhin mit großer Skepsis gegenüber. Der SPD-Innenpolitiker Hartmann hat einen gemeinsamen Verbotsantrag von Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung gefordert.

Von Frank Jansen

Ein solches Verfahren sollte "nur beantragt werden, wenn die Risiken eines erneuten Scheiterns deutlich hinter den Erfolgschancen zurücktreten", sagte Volker Bouffier (CDU) dem Tagesspiegel. Daran habe er "erhebliche Zweifel". Ein "großes Risiko" sieht der Ministerpräsident vor allem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dessen Kriterien beim Verbot einer Partei "lassen nicht erkennen, dass die NPD sie erfüllt", sagte Bouffier.

So sage der Gerichtshof, eine Partei könne verboten werden, wenn sie den Terrorismus unterstütze. "Da gibt es in puncto NPD sachlich erhebliche Zweifel", sagte der Regierungschef. Außerdem halte der Gerichtshof ein Verbot erst für notwendig, wenn eine extremistische Partei so stark werde, dass eine Übernahme staatlicher Strukturen zu befürchten sei. Bouffier: "Das ist glücklicherweise bei der NPD nicht der Fall." Laut Bouffier spielt die NPD in Hessen "gar keine Rolle". Die Partei hatte bei der Landtagswahl 2009 in Hessen lediglich 0,9 Prozent bekommen. Damit blieb ihr die staatliche Erstattung von Wahlkampfkosten verwehrt. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag in Berlin hat Hessen in einer Erklärung zum Protokoll die Bedenken gegen ein Verbotsverfahren verdeutlicht. Bouffier stimmte jedoch dem Votum der Amtskollegen zur Einleitung eines Verfahrens gegen die NPD zu, "weil die Geschlossenheit der Demokraten wichtiger erscheint als juristische und politische Bedenken", wie er dem Tagesspiegel sagte. Inhaltlich könne man die Position Hessens "als Enthaltung werten".

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, hat einen gemeinsamen NPD-Verbotsantrag von Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung gefordert. "Ich erwarte, dass alle drei Verfassungsorgane zusammenstehen und mit einem gemeinsamen Antrag nach Karlsruhe ziehen", sagte dem Tagesspiegel. Gleichzeitig trat er für eine namentliche Abstimmung im Bundestag ein und kritisierte die Grünen für ihre Haltung. "Dass die Grünen so gespalten auftreten, halte ich für Attitüdenhaft. Man kann nicht alles unter dem Deckmantel der Toleranz und Meinungsfreiheit akzeptieren", erklärte der Innenpolitiker. 

Die skeptischen Äußerungen von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wies er zurück. "Frau Leutheusser-Schnarrenberger sollte nicht rum nörgeln, sondern ihre Bedenken äußern und dann alles tun, damit der Verbotsantrag ein Erfolg wird. Dieses Zögern der Ministerin und vor allem des Bundesinnenministers sind kein Ausdruck einer wehrhaften Demokratie."

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