zum Hauptinhalt

Politik: Heute von Heinrich Lummer (Kommentar)

Die Regierung von Gerhard Schröder ist in Schwierigkeiten. Für seinen Sparkurs findet der Bundeskanzler bei den Wählerinnen und Wählern kaum Zustimmung.

Die Regierung von Gerhard Schröder ist in Schwierigkeiten. Für seinen Sparkurs findet der Bundeskanzler bei den Wählerinnen und Wählern kaum Zustimmung. Das Hauptargument gegen ihn lautet, er missachte die soziale Gerechtigkeit. Was kann er jetzt noch tun, um Erfolg zu haben? Kann und soll er überhaupt noch Erfolg haben?

Kann und soll er noch Erfolg haben? Welche Frage. Wenn es Deutschland nützt, soll er natürlich Erfolg haben. Auch wenn er einer anderen Partei angehört. Wieder einmal lautet die Frage: cui bono? Wem nützt es? Und das ist klar: Was in diesem Jahr geschah, nützte Deutschland nicht und dem Kanzler auch nicht.

Weil man es - leichtfertig und unvorbereitet - versprochen hatte, kübelte man 30 Milliarden Steuergelder aus. Wahlgeschenke. Die Sparansätze der vergangenen Regierung wurden korrigiert - der "sozialen Gerechtigkeit" wegen.

Dann merkte man, dies war ein Fehler, weil die Kassenlage schlecht war und die Vorbereitung auf die Globalisierung Spar- und Modernisierungsmaßnahmen verlangte.

Mit dem neuen Finanzminister kamen die Sparpläne. Da war es mit der "sozialen Gerechtigkeit" wieder vorbei. Die Richtung stimmt nun, weil die Herausforderungen der Zukunft das verlangen. Ob es bei der Richtung bleibt, weiß niemand. Denn das Wort des Jahres hinsichtlich der Regierung Schröder heißt: nachbessern. Jedenfalls verändern. Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Jeder blamiert sich nach besten Kräften.

Wer am Zaun rüttelte und da rein wollte, der muss nicht nur bereit, sondern auch vorbereitet sein. Und davon eben konnte nicht die Rede sein. Offenbar wurde er Kanzler, bevor er sein Gesellenstück ablieferte. Die Vorbereitungszeit war das erste Regierungsjahr. Und das ist ihm und uns teuer zu stehen gekommen. Was heißt also: Gerechtigkeit für Gerhard Schröder?

Wie man sich bettet, so liegt man. Ihm widerfährt nun das, was er sich selber eingebrockt hat. Und die Suppe muss man eben selber auslöffeln. Das wird er auch schaffen. Im nächsten Jahr werden sich die Fehler dieses Jahres nicht wiederholen. Aus schlechten Erfahrungen werden fast alle Menschen klug. Vermutlich auch der Kanzler.

Ob es am Ende gut fürs Land wird, ist eine offene Frage. Denn das, was manche Traditionalisten der SPD für "soziale Gerechtigkeit" halten, könnte dem Lande langfristig nachhaltig schaden. Und das, was im Moment sozial ungerecht aussieht, könnte sich als Segen erweisen.

Der Kanzler wollte mit Hombach an der Seite, Ludwig Erhard im Rücken und gleich hinter Tony Blair den Weg einer modernen, richtigen und zukunftsfähigen Wirtschaftspolitik gehen, damit das Land eine Zukunft habe. "Dritter Weg" und "Neue Mitte" sind nur Worthülsen.

Wie hieß es doch in dieser Zeitung im Bericht vom Gipfel in Florenz: "Jospin, Blair und Clinton haben auf verschiedenen Wegen den wirtschaftlichen Aufschwung erreicht, den Schröder für Deutschland noch sucht." Wenn er den Weg findet und erfolgreich beschreitet, verdient er Lob. Wenn nicht, allenfalls Mitleid. Für das erste Regierungsjahr hat er bekommen, was er verdient hat: massive Kritik bis offenen Spott. Wer unvorbereitet zu Höherem strebt, der muss eben durch Schaden klug werden. Für den Spott sorgen andere. Das ist politisch gerecht. Wie gesagt: Wie man sich bettet, so liegt man.Der Autor war von 1981 bis 1986 Innensenator und von 1987 bis 1998 CDU-Bundestagsabgeordneter.

Heinrich Lummer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false