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Tägliches Trauma. Nicht nur in Aleppo leidet die Zivilbevölkerung jeden Tag unter dem Krieg.

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Hilfe für Syrien: "Die Lage hat sich dramatisch verschlechtert"

Das Deutsche Rote Kreuz ist die einzige Hilfsorganisation, die mit ihrem Partner, dem Roter Halbmond, in ganz Syrien Hilfe leisten kann. Das Leid der Menschen sei unvorstellbar, sagt DRK-Präsident Rudolf Seiters im Interview mit dem Tagesspiegel.

Herr Seiters, das Auswärtige Amt hat ihrer Organisation noch einmal knapp 12 Millionen Euro für die Syrien-Hilfe zur Verfügung gestellt. Warum?

Weil sich die Lage im Land dramatisch verschlechtert hat. Das Gesundheitswesen in Syrien ist praktisch zusammengebrochen. Die Hälfte der Ärzte und Pfleger sind entweder tot oder mussten fliehen. Und es wird in Syrien nur noch ein Bruchteil der Medikamente produziert wie vor dem Krieg. Gleichzeitig wird die Hilfe immer schwieriger. Es gibt kaum noch einen Konvoi, der nicht in der Gefahr steht, angegriffen zu werden. Die Brutalität in diesem Konflikt hat ungeahnte Ausmaße angenommen.

Kann man in einer solchen Situation überhaupt Hilfe leisten?

Wir vom DRK haben den Vorteil, mit dem Syrischen Roten Halbmond einen Partner zu haben, der auf 11.000 Freiwillige zurückgreifen kann und seit langem im Land etabliert ist. Er kann als einzige Hilfsorganisation landesweit agieren und Hilfsgüter sowohl in den von der Regierung kontrollierten Gebieten wie auch in den Rebellengebieten verteilen. Doch auch die Mitarbeiter des Roten Halbmondes arbeiten unter schwierigen Bedingungen. 20 Helfer sind schon ums Leben gekommen.

DRK-Präsident Rudolf Seiters
DRK-Präsident Rudolf Seiters

© dpa

Von wem werden die Helfer konkret bedroht, vom Regime oder von den verschiedenen Rebellengruppen?

Beide Seiten verletzten das humanitäre Völkerrecht und greifen auch Hilfskonvois an. Es ist aber nicht so, dass die Hilfe nicht ankommt. Die Transporte dauern oft nur länger als geplant. Alles in allem ist die Hilfe des Roten Halbmondes sehr effektiv. Vor einigen Monaten gelang es dem Syrischen Roten Halbmond auch, in der besonders umkämpften Stadt Homs 5000 Familien mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen.

Wie werden Sie die zusätzliche Hilfe einsetzen?

Wir werden lebensnotwendige Dinge wie Lebensmittel, Hygiene- und Babyartikel nach Syrien bringen. Denn allein innerhalb Syriens sind vier Millionen Menschen vertrieben worden. Außerdem versuchen Mitarbeiter des Roten Halbmondes, die Wasserversorgung, die in vielen Gebieten zusammengebrochen ist, wieder aufzubauen. Auch unterstützen wir den Syrischen Roten Halbmond bei der Logistik, damit die notwendige Hilfe vor Ort ankommt. In die Länder Türkei, Jordanien und Libanon liefern wir Hilfsgüter für syrische Flüchtlinge, die zur Vorbereitung auf den Winter bestimmt sind. Zusätzlich erhält das Nachbarland Libanon Ambulanzfahrzeuge.  

Erhalten Sie auch Spenden für Syrien?

Ja, wir erhalten Spenden. Es ist aber eine allgemeine Erfahrung, dass die Spendenbereitschaft bei Bürgerkriegen viel geringer ist als bei Naturkatastrophen, für die die Betroffenen nichts können. Das gilt auch für Syrien. Wir brauchen aber Unterstützung für die syrische Bevölkerung, die in einer Weise geschlagen ist, die man sich kaum vorstellen kann.

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