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Warten auf medizinische Versorgung. Mutter und Kind, neu angekommen im Flüchtlingslager Dadaab, dem größten Flüchtlingslager der Welt.

© REUTERS

Hilfen für Hungernde: Besuch im Elend

An diesem Montag berät die Weltagrarorganisation FAO über weitere Hilfen für Millionen Hungernde. Mehr als elf Millionen Menschen hungern in der Region. Unterdessen wird in Äthiopien an einem vierten Flüchtlingslager gearbeitet.

So viel Prominenz wie jetzt haben die zum Teil seit 20 Jahren im Flüchtlingslager Dadaab im Norden Kenias ausharrenden Somalier noch nicht zu sehen bekommen. Wegen der Dürre kommen täglich „Hunderte, wenn nicht sogar Tausende“ in Dadaab an, sagte Unicef-Mitarbeiter Christopher Tidey der Nachrichtenagentur dpa. Mit 400 000 Menschen ist es das größte Flüchtlingslager der Welt. Vor Tidey war der britische Entwicklungsminister Andrew Mitchell da. Reuben Brigety, im amerikanischen Außenministerium für Flüchtlingspolitik zuständig, hat sich umgesehen, und in wenigen Tagen wird der Chef der größten US-Geberorganisation USAID, Rajiv Shah, erwartet. Auch die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, Kristalina Georgieva, plant einen Besuch: Das aktuelle Elend lockt.

Mehr als elf Millionen Menschen hungern in der Region. Nach Angaben des Afrikabeauftragten der amerikanischen Regierung, Johnnie Carson, sind in Kenia über die Flüchtlinge aus Somalia hinaus rund 3,6 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen. In Äthiopien brauchen rund 4,5 Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfe. Rund 3,7 Millionen Somalier, etwa die Hälfte der Bevölkerung, hungert derzeit. In Dschibuti, dem autoritären Kleinstaat am Horn von Afrika, in dem bis Ende 2010 auch Bundeswehrsoldaten stationiert waren, brauchen mehr als 120 000 Menschen Hilfe. Und in Norduganda ist die Lage für mehr als 600 000 Menschen, die gerade einen 20-jährigen Krieg mit der Rebellentruppe von Joseph Kony, der Lord Resistance Army (LRA) hinter sich haben, wieder kritisch.

Christopher Tidey von Unicef berichtet vom Besuch einer Klinik für schwer unterernährte Kinder. „Viele von ihnen sind so schwach, dass sie nicht einmal mehr die Kraft haben, Essen herunterzuschlucken und deshalb intravenös ernährt werden müssen“, sagte er. „Ich habe einen dreijährigen Jungen gesehen, Aden, der nur fünf Kilo wog.“

Unterdessen wird in der äthiopischen Region Dolo Ado an einem vierten Flüchtlingslager gearbeitet. Es solle weiteren 60 000 Hungernden Platz bieten, nachdem die ersten drei Camps mittlerweile ihre Kapazität erreicht hätten, teilte das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) mit. „Es wird erwartet, dass die ersten Flüchtlinge bereits in der kommenden Woche vom Transitzentrum in das neue Lager Hilaweyn umziehen können“, hieß es.

Die Europäische Union kündigte einen Tag vor dem Hungergipfel der Weltagrarorganisation FAO in Rom an, ihre Millionenhilfen für die Hungernden am Horn von Afrika aufzustocken. Kristalina Georgieva sagte zu Beginn ihrer Keniareise, dass die Brüsseler Kommission weitere 88 Millionen Euro für das Katastrophengebiet bereitstelle. Damit steigen die Hilfsleistungen der Kommission für die Region auf fast 160 Millionen Euro.

„Auch wenn die schlimme Dürre im Mai und Juni nicht voraussehbar gewesen ist, haben wir schon im vergangenen November vor einer Zuspitzung der Nahrungsmittelknappheit – vor allem in Somalia – gewarnt“, sagte die Hilfeorganisatorin Angela Hinrichs von der FAO. Tatsächlich ließen die Daten des seit 20 Jahren für die Region eingerichteten Hunger- Frühwarnsystems schon im Oktober 2010 erwarten, dass es nahezu keinen Regen geben würde. Obwohl schon seit Jahresbeginn Nahrungsmittelreserven in der Region angelegt worden sind, zeigt sich die Welt von der Katastrophe nun überfordert. Der australische Außenminister Kevin Rudd, der ebenfalls gerade zu Besuch in Kenia ist, gab einen Hinweis darauf, warum das so ist: „Wir müssen der Realität ins Auge blicken: Was Somalia betrifft, so wird dies keine perfekte humanitäre Operation sein, denn dies ist in vieler Hinsicht ein Kriegsgebiet.“ (mit dpa)

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