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Hilfsorganisation: "Unicef ist eine intakte Organisation“

Der Unicef-Vorsitzende Jürgen Heraeus über seine ersten sechs Monate an der Spitze der Hilfsorganisation, den Kampf um neue Spenden und die Lehren aus der Krise.

Herr Heraeus, Sie sind ein halbes Jahr als Unicef-Vorsitzender im Amt, das Ihnen offenbar wichtig ist – Sie haben sich bei der Organisation gemeldet, nicht umgekehrt.

Ich hatte im vergangenen Winter meine Hilfe angeboten, weil ich nicht verstanden habe, warum sich die Führung öffentlich stritt und dadurch viele Menschen verunsicherte. Ich habe damals nicht daran gedacht, Vorsitzender zu werden.

Sie hatten vorher mit Unicef nichts zu tun. Warum hat Sie die Krise beim Kinderhilfswerk besonders beschäftigt?

Unicef ist eine unglaublich guter Name und macht eine gute Arbeit – das muss so bleiben! In fast allen Ländern leistet die Organisation vor, während und nach akuten Notsituationen Hilfe – unabhängig von der Politik. Ob in Birma nach dem Zyklon, im Irak, Nordkorea oder im Sudan. Die Kombination aus Soforthilfe, langfristiger Entwicklungsarbeit und politischer Kinderrechtsarbeit ist einmalig. Das hat mich gereizt, bei dieser Organisation mitzuhelfen.

Und was haben Sie dann dafür getan?

Die wichtigste Veränderung war, dass der Geschäftsführer jetzt kein Mitglied des Vorstands mehr ist, sondern sich vom Vorstand führen lassen muss. So sind die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten klar. Der Geschäftsbericht informiert detailliert über Arbeit, Strukturen und Finanzen. Wir haben die Geschäftsabläufe überprüft. Kürzlich haben wir die Satzung modernisiert – zum Beispiel was die Begrenzung der Amtsdauer von Vorstandsmitgliedern angeht. Wir haben die Rolle der Ehrenamtlichen im Komitee gestärkt. Das war alles nicht sehr dramatisch. Unicef war und ist eine intakte und sehr erfolgreiche Organisation. Zwar sind Fehler gemacht worden, allerdings waren diese nicht so gravierend, wie es sich teilweise in der Öffentlichkeit dargestellt hat.

Was ist jetzt Ihre wichtigste Aufgabe in der Organisation?

Da ist vor allem die inhaltliche Arbeit. Mit den Spenden aus der diesjährigen Weihnachtsaktion wollen wir zum Beispiel Hilfsprojekte gegen Kinderarbeit unterstützen. Und dann geht es mir darum, deutlich zu machen, das Unicef Treuhänder der Spender ist. Dazu gehört, dass diese darauf vertrauen können, dass ihr Geld dorthin geht, wo es angezeigt wird und die Kosten so niedrig wie möglich gehalten werden. Und wir müssen strategisch darüber nachdenken, wie wir im Wettbewerb der Spendenorganisationen untereinander vorgehen. Wir sollten zudem nach neuen Kooperationsmöglichkeiten suchen und überlegen, wie wir die Spendenbereitschaft in unserem Land insgesamt fördern können.

Wie könnte das gehen?

Zum Beispiel wenn es möglich wäre, mehr Firmen dafür zu gewinnen, für Projekte in Ländern zu spenden, in denen sie bereits Geschäfte machen. Die Unternehmensberater Roland Berger und Ernst & Young haben uns da – pro bono – interessanteVorschläge gemacht, die ich prüfe.

Vielleicht helfen hier auch Provisionszahlungen?

In einer von Ehrenamtlichen getragenen Organisation sind Provisionen ein sensibles Thema. Macht der eine seine Arbeit freiwillig, und der andere wird dafür bezahlt, kann dies zu Problemen führen. Deshalb werden wir dieses Thema gründlich diskutieren.Wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter oder Externer auf ein Einzelprojekt gesetzt wird, das mit viel Aufwand verbunden ist, also mit Präsentationen, vielen Gesprächen, Beziehungspflege und so weiter, und bei Erfolg wird eine entsprechende Provision gezahlt, die vernünftig gedeckelt ist, hätte ich damit grundsätzlich kein Problem. Dies ist zum Beispiel in Hochschulen durchaus üblich. Aber solange da kein Konsens besteht, machen wir dies nicht mehr.

Das Gespräch führte Ruth Ciesinger.

Den vollen Wortlaut des Interviews mit dem Unicef-Vorsitzenden Jürgen Heraeus können Sie bei www.tagesspiegel.de lesen

Jürgen Heraeus (72) ist seit 11. April 2008 Vorsitzender von Unicef Deutschland. Er war bis 2000

Vorstandsvorsitzender der Heraeus GmbH, deren Aufsichtsrat

er derzeit leitet.

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