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Himalaya: Nepals Premier tritt zurück – Angst vor neuen Unruhen

Nur ein Jahr nach den Wahlen in Nepal droht eine schwere Regierungskrise die junge Republik in neue Wirren zu stürzen.

Nur ein Jahr nach den Wahlen in Nepal droht eine schwere Regierungskrise die junge Republik in neue Wirren zu stürzen. Überraschend erklärte der maoistische Premierminister Pushpa Kamal Dahal am Montag seinen Rücktritt. Er wolle damit den Friedensprozess retten, sagte der frühere Guerillachef, der bis heute unter seinem Kriegsnamen Prachanda bekannt ist, in einer Fernsehansprache. Zehntausende seiner Anhänger zogen in der Hauptstadt Kathmandu durch die Straßen. Dies nährte Angst vor Straßenschlachten.

Entzündet hat sich die Regierungskrise an der Entlassung des indienfreundlichen und königsnahen Militärchefs General Rukmangud Katuwal. Prachanda hatte ihn am Sonntag im Alleingang abgesetzt, obwohl Katuwal ohnehin in vier Monaten in den Ruhestand gegangen wäre. Erzürnt verließen die gemäßigten Kommunisten die von den Maoisten geführte Regierung und entzogen ihr damit die Mehrheit. Auch Präsident Ram Baran Yadav, der der größten Oppositionspartei Nepali Kongress angehört, legte sein Veto ein und wies die Entlassung des Militärchefs zurück. Prachanda griff den Präsidenten deshalb scharf an und warf ihm eine „undemokratische Entscheidung“ vor.

Der Nepali Kongress will nun versuchen mit anderen Parteien eine Regierung zu bilden. Eine Regierung ohne Einbindung der Maoisten könnte allerdings den erst zweieinhalb Jahre alten Friedensprozess gefährden und die Ex-Rebellen in eine gefährliche Isolation treiben. Der heute 54-jährige Prachanda hat erst vor wenigen Jahren die Guerillakluft gegen Anzug und Krawatte getauscht. Mehr als zehn Jahre hatte er den Kampf der Maoisten gegen Nepals Monarchie angeführt. Der Bürgerkrieg kostete 13 000 Menschen das Leben. 2006 hatten die Rebellen die Waffen niederlegt und mit Massenprotesten König Gyanendra friedlich zur Abdankung gezwungen.

Bei den Wahlen im April 2008 waren die früheren Guerillas stärkste Partei geworden und hatten 238 von 601 Sitzen erobert. Damit konnten sie die Regierung anführen. Die große Streitfrage blieb aber das Schicksal von 19 000 Guerillas, die bis heute in UN-Camps leben. Die Maoisten wollen sie in die reguläre Armee eingliedern. Der Armeechef verweigerte dies, weil er sie ideologisch für unzuverlässig hält. Seiner Ansicht nach müssten sie vor einer Aufnahme in die Armee zunächst rehabilitiert werden.

Indische Fernsehsender vermuten hinter der Krise auch einen stillen Stellvertreterkrieg zwischen Indien und China um die Vormacht in Nepal. Die Maoisten haben enge Bande mit Peking geknüpft. Dies sieht Neu-Delhi mit Unbehagen. Während China die Maoisten stützt, stärkt Indien befreundeten, königsnäheren Kräften wie dem Armeechef und dem Nepali Congress den Rücken. Auch mit Ex-König Gyanendra unterhält Indien Kontakte.

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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