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Politik: Hinter den Linden: Bauen im Sand

Es ist ein Elend! Ist doch wahr.

Von Robert Birnbaum

Es ist ein Elend! Ist doch wahr. Da wird gebaut im Regierungsviertel, dass es nur so kracht, überall frischer Beton und polierter Stahl ... und Glas, ganz viel Glas. Demnächst, wenn nicht wieder im Keller einer einen Wasserrohrstopfen reinzuschrauben vergisst, werden die Abgeordnetenhäuser fertig; auch das Kanzleramt, diese Maschinenhalle der Macht, sieht der Vollendung entgegen. Aufbruch und Fortschritt allerorten, das Neue Berlin, dieser Phoenix im Sand, wie es der Architektur- und Stadtkenner Wolf Jobst Siedler hinterlistig genannt hat.

Ja, Aufbau! Doch direkt daneben: der Verfall. Das Bauwerk steht vis à vis einem dieser halbfertigen Neubauten. Von außen sieht es noch recht ansehnlich aus. Die hellblaue Kachelfassade leuchtet über die Spree, und an schönen Tagen glänzt die Sonne auf den beiden Kuppeln, die moscheengleich auf dem Dache thronen. Auch die schießschartenähnlichen Fenster wirken noch frisch, obwohl sie schon aus dem vorigen Jahrhundert stammen. Na gut: Ende des vorigen Jahrhunderts. Richtfest war am 28. Januar 1999, anschließend haben sie runde zehn Milliönchen Mark in den Bundestagskindergarten verbaut.

Tja. Und jetzt bröckelt der Putz. Leider. Von den Decken. Muss saniert werden. Drei Wochen geschlossen. Die lieben Kleinen haben sie erst mal in einem Besprechungsraum im Bundestagsbehelfsquartier in der Mauerstraße untergebracht, irgendwo zwischen den Abgeordneten von CDU/CSU und SPD. Da kann der Nachwuchs jetzt den Volksvertretern auf die Finger schauen. Zehn Milliönchen. Und dann taugt der Putz nichts. War vielleicht einfach zu viel Sand drin?

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