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Politik: Hinter den Linden: Betriebsausflug

Aus der U-Bahnstation am Theodor-Heuss-Platz kommt eine Gruppe junger Leute, Studenten im ersten oder zweiten Semester, möchte man vermuten. Jedenfalls sind sie fröhlich, beugen sich über ein Blatt Papier, suchen nach einem Orientierungspunkt.

Aus der U-Bahnstation am Theodor-Heuss-Platz kommt eine Gruppe junger Leute, Studenten im ersten oder zweiten Semester, möchte man vermuten. Jedenfalls sind sie fröhlich, beugen sich über ein Blatt Papier, suchen nach einem Orientierungspunkt. Mittendrin Christina Rau. Die Frau des Bundespräsidenten als Stadtführerin? Warum nicht. Berührungsängste hat sie ja keine. Man verliert sich aus den Augen. Der eigene Weg führt in den Internationalen Club unter dem Funkturm, arbeitshalber, nicht wegen der Happy Hour. Doch auch da lauter junge Leute, Stimmengewirr statt gewohnter Stille. Eine Immatrikulationsfeier? Hier, im International Club? Unvorstellbar. Und wenn doch, was hätte der Bundespräsident dann da zu suchen? Der ist nämlich auch da. Johannes Rau, wie man ihn kennt, wenn er das Staatsoberhaupt an der Garderobe abgeben kann. Eine Zigarette, ein Bier, ein Lächeln, Anekdoten ohne Ende.

Wenig später löst sich das Rätsel. Das Bundespräsidialamt war auf Betriebsausflug. Nicht auf irgendeinem. Eine Tagesreise durch die Historie stand den über 100 Mitarbeitern bevor, die sich schon am Morgen getroffen hatten und dann, in elf Gruppen aufgeteilt, die Stadt durchquerten. Ein Fragebogen, ein Stadtplan und ein Fotoapparat gehörten zur Tourenausrüstung. Ein Bild sollte jeweils dokumentieren, dass man sein Ziel auch gefunden hatte. Um Orte mit Geschichte ging es dabei, manche von ihnen Mahnmal an dunkle Stunden, wie das Haus der Wannseekonferenz, andere heiterer wie die traditionsreiche Porzellanmanufaktur oder auch sehr nachdenklich stimmend wie die Medizinhistorische Sammlung der Charité. Am Abend landeten alle am Theodor-Heuss-Platz, auch Christina Rau, denn ein Buffet im Internationalen Club war die Endstation des Suchspiels. Alt- und Neuberliner unter den "Präsidialen", da waren sich am Abend alle einig, hatten eine Menge dabei über die Stadt gelernt.

Man muss nicht alles nachmachen. Aber eigentlich ist die Idee durchaus tauglich auch für Ministerien oder eine Bundestagsverwaltung. Wir sind sicher: Die Pressestelle des Präsidialamtes steht mit Anregungen gerne zur Seite.

Gerd Appenzeller

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