zum Hauptinhalt

Politik: Hinter den Linden: Gebrochenes Wort

Demoskopen sind Leute, die vorgeben, zu wissen, wie wir wählen würden, obwohl sie uns gar nicht gefragt haben. Das ist im Grunde ziemlich dreist.

Von Robert Birnbaum

Demoskopen sind Leute, die vorgeben, zu wissen, wie wir wählen würden, obwohl sie uns gar nicht gefragt haben. Das ist im Grunde ziemlich dreist. Deshalb freut es uns immer diebisch,wenn sich die Demoskopen gründlich irren und das Wahlvolk sich unbeeindruckt von allen Vorhersagen anders entscheidet. Das ist in den letzten Jahren öfter mal vorgekommen. Die Pannen haben die Demoskopen ein wenig bescheidener werden lassen. Seit einiger Zeit liefern die meisten zu ihren Umfragen eine Fehlerquote mit. Wenn die zum Beispiel zwei Prozentpunkte plus/minus beträgt, wissen wir: Die 42 Prozent für die CDU/CSU könnten fast genau so gut nur 40 Prozent sein oder aber 44. Das klingt ein bisschen kompliziert, zugegeben, ist aber dafür ehrlicher.

Politiker sind Leute, die vorgeben, das gesagt zu haben, was man in ihren Zeitungsinterviews nachlesen kann. Das ist manchmal auch ziemlich dreist. Das Spiel geht nämlich so, dass die Politiker bei so einem Interview in unsere Tonbandgeräte hinein reden,aber hinterher den fertigen Text nochmal Korrektur lesen dürfen. Manche ändern dabei ein paar Worte. Andere ändern ihre Meinung. Unvergessen jener Spitzenpolitiker, der nicht nur seine Antworten völlig umschrieb, sondern - wenn schon, denn schon - gleich auch noch die Fragen passend machte. Dieses Interview ist nie gedruckt worden. Doch seither denken wir darüber nach, ob wir nicht den Demoskopen nacheifern sollten. Und bei jedem Interview die Änderungsquote mit dazu schreiben. Das klingt ein bisschen kompliziert. Aber es wäre ehrlicher.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false